Wassermengen, gegen die nichts hilft

Risiko Immer häufiger sind von Wetterkatastrophen auch Gebiete betroffen, die bisher nicht überschwemmt worden sind

STUTTGART taz | Am Tag nach der Unwetterkatastrophe von Schwäbisch Gmünd und Braunsbach hüten sich auch Naturschutzverbände vor schnellen Schuldzuweisungen.

Natürlich, man müsse den Gewässern mehr Raum für Überschwemmungen geben, sagt die stellvertretende Geschäftsführerin des Naturschutzbundes Baden-Württemberg, Ingrid Eberhardt-Schad. Selbstverständlich müsse man der Bodenversiegelung entgegenwirken, sagt der Vorsitzender des BUND in der betroffenen Region Heilbronn-Franken, Jürgen Hellgardt. Aber ob das alles bei Wassermengen von bis zu 100 Litern pro Quadratmeter ausreichen würde, um Katastrophen wie in Braunsbach zu verhindern, da sind sich auch die Experten der Naturschutzverbände nicht sicher.

Tatsache ist: Für den Hochwasserschutz wurde im Südwesten in den letzten Jahren eine Menge getan. Mit Renaturierungsprojekten an Rhein und anderen großen Flüssen und in Hochwasser-Risikogebieten baute die Landesregierung Rückhalteflächen zur Überflutung. Viele Gemeinden fühlen sich gar schon in der Ortsentwicklung eingeschränkt, da Risikoflächen, die vom Land ausgewiesen werden, nicht bebaut werden dürfen. Sie klagen gegen das Land.

Auch das eigens für Extremlagen eingerichtete Hochwasservorhersagezentrum in Karlsruhe lieferte auch Sonntagnacht offenbar zuverlässige Daten. All diese Vorkehrungen werden vornehmlich für Hochwasser-Risikoregionen getroffen. Doch Extremwetterlagen, wie Sonntagnacht verschonen auch Orte nicht, die nicht in Risikogebieten liegen.

Diese Wetterphänomene häufen sich nach Beobachtung der Meteorologen. „Hochwasser kommt in solchen Regionen plötzlich, aber inzwischen ganz regelmäßig“, sagt Jörn Birkmann vom Institut für Raumordnung und Entwicklungsplanung der Universität Stuttgart. Er fordert, aus solchen Phänomenen, die durch den Klimawandel häufiger werden, zu lernen. „Wir dürfen das Hochwasser nicht mehr nur an den Flüssen suchen“, sagt Birkmann, womöglich seien auch für Starkregen-Regionen fernab von Rhein und Neckar Risikoeinstufungen notwendig.

Jürgen Hellgardt vom BUND erwartet von der Politik jetzt eine fundierte Analyse, und ein Gesamtkonzept. „Da muss mehr kommen, als nur mehr Geld für größere Rückhaltebecken.“ Benno Stieber