Die neuen Gangsterbosse sind Vampire

Gruselstreifen Teils brutale, teils wunderbar absurde Gangsterfilme zeigt das 17. Japan-Filmfest in Hamburg über „Japans Unterwelt“. Das Genre ist in so Japan beliebt wie eh und je – dabei hat das Land eine der weltweit niedrigsten Kriminalitätsraten

Gangster- und Zeichentrickfilme sind seit Langem die erfolgreichsten Genres des populären japanischen Kinos. Und während Monsterstreifen und Schwertkampf-Epen inzwischen eher altmodisch wirken, ist die Faszination der Japaner für die „Yakuza“-Gangsterfilme ungebrochen. Dabei hat das Land eine der niedrigsten Kriminalitätsraten. Aber die Populärkultur war in Japan stets auch Ventil – man denke an die brutalen, pornografischen Mangas, die massenhaft in den U-Bahnen gelesen werden.

Aktuell hegen zwei der interessantesten japanischen Regisseure eine Vorliebe für Yakuza. Ihre neuesten Filme zeigt das 17. Japan-Filmfest in Hamburg, dessen Themenschwerpunkt „Japans Unterwelt“ lautet.

„Outrage Beyond“ von Takeshi Kitano, die Fortsetzung einer vorhergehenden Episode, ist jetzt noch dramatischer – mit noch zynischeren Intrigen, blutigeren Gemetzeln und Kitano selbst als noch coolerem Antihelden.

Eine ähnliche Rolle spielt Kitano im Eröffnungsfilm“ Mozu – the Movie“ von Eiichiro Hasumi, der von einem terroristischen Anschlag auf Tokio erzählt, hinter dem auch die Yakuza stecken.

Takashi Miike wiederum ist ein Bilderstürmer, der die Konventionen des Genres bis ins Absurde dreht. In „Dead or Alive“ führt das Duell zwischen einem Gangster und einem Polizisten zu einer alles vernichtenden Atomexplosion. Außerdem mischt Miike gern Erzählstile: In „Yakuza Apocalypse“ ist der Gangsterboss zugleich ein Vampir, dessen Bande aus blutrünstigen Untoten besteht.

Ein Schlusspunkt der kreativen Hochphase japanischer Animes war im Jahr 2014 die Schließung des Ghibli Studios, nachdem der Studiochef und wichtigste Regisseur Hayao Miyazaki in Rente ging. Seine Filme werden bis heute kultisch verehrt, und mit „Chihiros Reise ins Zauberland“ hat er 2003 einen Oscar gewonnen. Die jetzt in Hamburg gezeigte Doku „The Kingdom of Dreams and Madness“ ist eine Huldigung Miyazakis, die ihn durch verschiedene Arbeitsphasen begleitet, vom Zeichnen bis zum Kolorieren der Storyboards.

Ein Jahr lang hat die Regisseurin Mami Sunada dafür in den Ghibli Studios gefilmt. „Erinnerungen an Marnie“ von Hiromasa Yonebayashi ist die jüngste Produktion dieses Studios. Sie erzählt von der Freundschaft zweier Mädchen, die gemeinsam altern. Der klare Zeichenstil und das sensible Erzählen erinnern an den alten Meister. Doch dessen Magie fehlt. HIP

Japan Filmfest Hamburg: 8. bis 12. Juni, Metropolis, 3001 und Studio Kino

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