Filme aus dem Archiv – frisch gesichtet

LARS PENNING

Wenn man nur die Funktion erfüllt, wird das Ergebnis eben scheiße.“ Der Vater dieses Gedankens, der brasilianische Stararchitekt Oscar Niemeyer, ist Anfang Dezember kurz vor seinem 105. Geburtstag verstorben, doch im dokumentarischen Porträt „Oscar Niemeyer – Das Leben ist ein Hauch“ kann man einen der wichtigsten Baumeister der klassischen Moderne noch einmal erleben: Niemeyer erzählt, zeichnet und erklärt seine wichtigsten Gebäude. Die Idee des Seriellen, wie sie etwa vom Bauhaus vertreten wurde, lehnte er ab, für ihn musste Architektur immer etwas Schönes und Überraschendes haben. Legendär war seine Abneigung gegen den rechten Winkel und die gerade Linie, und so erweiterte er die Formensprache der modernen Architektur um die Kurve und die geschwungene Linie – der von ihm verwendete elastische wie stabile Baustoff Stahlbeton machte es möglich. Wer sich inspiriert fühlt, in Berlin nach einem Niemeyer-Gebäude zu suchen: In der Altonaer Straße im Hansaviertel schuf der Architekt 1957 im Rahmen der Internationalen Bauausstellung einen auf V-Stelzen stehenden Wohnkomplex mit einer ungewöhnlichen Gemeinschaftsetage, die als Anlaufpunkt für das Miteinander der Hausbewohner gedacht war. (OmU 22. 12.–23. 12. Babylon Mitte)

  Der Name der „Ealing Comedies“ geht auf den Standort des Filmstudios im Londoner Stadtteil Ealing Green zurück. Dort hatte man sich nach dem Krieg auf die Produktion von Komödien verlegt, die liebevoll, gelegentlich aber auch mit schwarzem Humor von kleinbürgerlichen Träumen und Eigenheiten erzählten. So auch in der makabren Kriminalkomödie „The Ladykillers“ vom unterschätzten Regisseur Alexander Mackendrick, in der sich Alec Guinness, Herbert Lom und Peter Sellers als Kammermusiker in das Haus einer harmlosen, aber nervtötenden alten Dame einmieten, während sie tatsächlich einen Geldtransport überfallen wollen. Als sie schließlich versuchen, Mrs Wilberforce zu beseitigen, räumen sie sich gegenseitig aus dem Weg. Scherz mit dem Entsetzen: der Weg zur wahren Komödie. (OmU, 24. 12. Central 1)

  Dem 2001 verstorbenen Beatles-Gitarristen George Harrison widmete Martin Scorsese seine schöne Dokumentation „George Harrison: Living in the Material World“ (2011). Da der Regisseur Zugriff auf das Archiv der Familie hatte, konnte er die – natürlich bekannte – Geschichte des Musikers mit bislang unbekanntem Film- und Fotomaterial noch einmal faszinierend neu erzählen und kommt dank der Freimütigkeit der Interviewpartner auch dem privaten Harrison jenseits von dessen Image als stiller Indien-Mystiker näher. (OmU, 26. 12. Arsenal 1)