Volkswagen-Jurist ließ sensible Daten löschen

DIESELGATE Anweisung kurz vor Bekanntwerden des Skandals. Ermittlungen gegen 25 VW-Mitarbeiter

„Wir gehen bislang von keinem größeren Datenverlust aus“

Klaus Ziehe, Staatsanwaltschaft

BERLIN taz/rtr/dpa | Ist Volkswagen am Ende sogar noch krimineller als die Deutsche Bank? Ja, das neue Detail des Dieselskandals mag aus Sicht des beschuldigten Konzerns eine gewisse innere Logik haben. Aber: Es zeigt auch erneut, mit welch betrügerischer Energie die Auto­bosse agiert haben.

Die Braunschweiger Staatsanwaltschaft hat Ermittlungen gegen einen VW-Mitarbeiter wegen des Löschens von wichtigen Daten im Zuge der Abgasaffäre bestätigt. Es gebe ein Verfahren gegen einen Mitarbeiter, der im August 2015 „verklausuliert, aber deutlich genug“ Hinweise darauf gegeben haben soll, dass Mitarbeiter Daten „löschen oder zumindest entfernen sollen“, sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Klaus Ziehe. Er bestätigte damit einen Bericht von NDR, WDR und Süddeutscher Zeitung.

Aus den Ermittlungen ergebe sich, dass die Aufforderung zum Datenschreddern nur teilweise befolgt wurde, sagte Ziehe. Die Staatsanwälte vermuten versuchte Strafvereitelung und Urkundenunterdrückung. Dem Beschuldigten drohen bis zu fünf Jahre Gefängnis.

Bei ihm handelt es sich um einen hochrangigen VW-Juristen, der mit Rechtsfragen der Produktsicherheit in den USA befasst war. Ende August soll er seine Mitarbeiter aufgefordert haben, sensible Daten von VW-Rechnern zu löschen.

Die Daten wurden wohl zum Teil auf Speichersticks ausgelagert, wie Ziehe erklärte. Danach sei von der VW-Rechtsabteilung ein „litigation hold“ verschickt worden, eine Aufforderung nach US-Recht, Daten für einen eventuellen Prozess zu sichern. Am 3. September räumte VW gegenüber der US-Umweltbehörde EPA die Manipulation der Abgaswerte ein, die Öffentlichkeit erfuhr davon am 19. September. Ein Konzernsprecher sagte, man äußere sich nicht zu laufenden Ermittlungen.

Die Sticks seien inzwischen zum Teil wieder aufgefunden worden, sagte Ziehe. „Wir gehen bislang von keinem größeren Datenverlust aus, der die Ermittlungen maßgeblich behindern oder verzögern könnte.“

Im Zusammenhang mit dem Dieselskandal wird damit inzwischen gegen 25 mutmaßlich Beteiligte ermittelt. Gegen 17 davon wegen der Stickoxid-Software-Manipulationen, gegen 6 im Zusammenhang mit falschen CO2- und Verbrauchsangaben.

Am Mittwoch hatte nach monatelangen Verzögerungen die größte Rückrufaktion in der Geschichte Europas Fahrt aufgenommen. VW meldete die Freigabe für Nachbesserungen bei 1,1 Millionen Fahrzeugen, vor allem bei VW Tiguan und VW Caddy. Damit sind jetzt gut 2,5 Millionen Konzernfahrzeuge europaweit zur Umrüstung freigegeben. 8,5 Millionen sind betroffen. KSC