Auf der Jagd nach „Dr. Tod“

Die Verhaftung des KZ-Arztes Aribert Heim steht offenbar kurz bevor. Der 91-Jährige ist einer der meistgesuchten NS-Verbrecher. Er soll sich in Spanien aufhalten

MADRID taz ■ Die „Operation: Last Chance“ des Simon-Wiesenthal-Zentrums steht offenbar vor einem großen Erfolg. Der seit 43 Jahren gesuchte Arzt des österreichischen Konzentrationslagers Mauthausen, Aribert Heim, könnte schon „in den kommenden Tagen“ verhaftet werden. Das sagte am Wochenende Efraim Zuroff, der Sprecher der Organisation, die sich der Verfolgung von Naziverbrechern verschrieben hat. Der 91-jährige SS-Arzt halte sich aller Wahrscheinlichkeit nach in der nordostspanischen Provinz Girona auf.

Heim ist nach dem im syrischen Damaskus vermuteten Eichmann-Gehilfen Alois Brunner der meistgesuchte NS-Verbrecher weltweit. Auf ihn sind von den deutschen Behörden 130.000 Euro Belohnung ausgesetzt. Das Simon-Wiesenthal-Zentrum, das mit der „Operation: Last Chance“ die letzten noch lebenden Naziverbrecher der Justiz zuführen will, bietet weitere 10.000 Euro.

Die Gefangenen im KZ Mauthausen nannten Heim nur „Dr. Tod“. In den knapp zwei Monaten (Oktober bis Dezember 1941), in denen Heim in dem Lager bei Linz eingesetzt war, verschaffte er sich einen Ruf, der dem Josef Mengeles, des Lagerarztes von Auschwitz, nicht nachsteht. „Heim weidete sich an der Todesangst seiner Opfer“, so ein Überlebender. Der SS-Arzt operierte ohne Narkose und injizierte jüdischen Lagerinsassen giftige Substanzen direkt ins Herz, um mit der Stoppuhr zu prüfen, welcher Stoff am schnellsten und am billigsten tötet.

Der NS-Verbrecher lebte nach dem Krieg unbehelligt in Süddeutschland. Zuletzt unterhielt er in Baden-Baden eine Frauenarztpraxis. 1962 gelang ihm kurz vor seiner Verhaftung die Flucht. Heim, der bis heute über ein Millionenvermögen bei verschiedenen deutschen Banken verfügt, lebte seither vermutlich in verschiedenen lateinamerikanischen, arabischen und skandinavischen Ländern, bis er sich schließlich in Spanien niederließ. In den letzten fünf Jahren wurden insgesamt 300.000 Euro von Heims Konten nach Spanien und Dänemark überweisen. Zu den Empfängern zählt ein italienisches Künstlerpaar in Palafrugell an der spanischen Costa Brava. Das Paar hat Kontakt mit einem der Söhne Heims und reist ungewöhnlich oft nach Dänemark.

Die Überweisungen riefen die Spezialisten für Geldwäsche auf den Plan. Die wiederum verständigten die Zielfahnder des LKA in Baden-Württemberg. Nach einer Überprüfung der Konten sind die deutschen Ermittler sicher: Heim lebt und ist nicht, wie die Familie behauptet, in Südamerika an Krebs gestorben. Denn wäre dem so, hätten die Angehörigen mit einer gültigen Sterbeurkunde die Millionenerbschaft antreten können. Das ist nicht geschehen. Bis heute laufen die Konten auf den Namen Aribert Heim.

Ein weiterer wichtiger Hinweis stammt von einem israelischen Touristen. Dieser berichtete dem Wiesenthal-Zentrum, er sei in einem Geschäft auf der Urlaubsinsel Ibiza von einem hochgewachsenen Mann mit einer V-förmigen Narbe beobachtet worden, als er hebräisch sprach. Die Beschreibung passt auf Heim, der die Narbe einer Mensur im Gesicht trägt. REINER WANDLER