Mit Foto in die Unibibliothek

Die Technische Universität will einen neuen Bibliotheksausweis einführen. Der sieht genauso aus wie die nach heftiger Debatte gestoppte Campuscard. Studierende fürchten erneut um Datenschutz

VON TINA HÜTTL

Technische Errungenschaften sollten die Studenten der Technischen Uni (TU) eigentlich schätzen. Schließlich liegt für viele von ihnen darin die berufliche Zukunft. Bei dem Stück Plastik mit elektronischem Chip und Foto, das einst unter dem Schlagwort „Multifunktionale Campuskarte“ diskutiert wurde, verhält es sich aber genau umgekehrt. Die hatten die TU-Studenten erfolgreich bekämpft, weil sie der möglichen Datenspeicherung misstrauten.

Nun befürchtet der Allgemeine StudentInnen-Ausschuss (Asta) der TU, dass die Chipkarte über Umwege doch kommt. Ab nächstem Jahr können die Medien der Universitätsbibliothek nur noch mit neuen Studierendenausweis ausgeliehen werden – und der hat ein Foto und sieht auch sonst aus wie die abgelehnte Campuskarte.

Bisher legen die Studierenden der TU und auch der Universität der Künste (UdK) in ihrer gemeinsamen Bibliothek einen Benutzerausweis mit Barcode vor. Daneben besitzen alle an der TU Immatrikulierten noch ihren Studierendenausweis. Mittlerweile kursieren von ihm zwei Versionen: Nur die Neuere davon ist mit Foto und Chip ausgestattet, doch der ist deaktiviert. „Um den Wirrwarr der verschiedenen Karten bei der Ausleihe zu vereinfachen, sollen nun die Bibliotheksausweise ganz abgeschafft, und die neue Version der Studierendenausweise soll verbindlich eingeführt werden“, erklärt die Kanzlerin der TU, Ulrike Gutheil.

Marius Pöthe, Ex-Asta-Vorsitzender und studentisches Mitglied im Akademischen Senat der TU, befürchtet jedoch gleich das Schlimmste: „Der Versuch, über die Bibliothek die alten Studentenausweise ohne Foto und Chip aus dem Verkehr zu ziehen“, sagt er, „ist der erste Schritt in Richtung Campuskarte.“ Was an deren Ende steht, ist zumindest für ihn klar: Es ist der gläserne Student, der aufgrund des lese- und magnetfeldfähigen Chips seines Ausweises auf Schritt und Tritt verfolgt werden kann.

Doch soweit ist es natürlich noch nicht. Auch in Zukunft sei eine Aktivierung des Chips nicht beabsichtigt, sagt Gutheil. Fakt ist, dass das Campuskarten-Projekt lange Zeit der Liebling der Universitätsleitung und der Verwaltung war. Die elektronische Ausweiskarte hätte die Anmeldung zu Prüfungen vereinfachen sollen. Darüber hinaus sollte sie beispielweise auch als Bibliotheksausleih- oder Mensakarte funktionieren. Hätte, sollte – denn im Juni vergangenen Jahres stoppte das Kuratorium der TU das jahrelang heiß diskutierte Projekt auf Antrag von Lisa Paus, der hochschulpolitischen Sprecherin der Grünen im Abgeordnetenhaus.

„An diesen Beschluss fühlen wir uns selbstverständlich gebunden“, sagt Gutheil. Sie selbst bedauert ihn jedoch. „Die gesamte Konkurrenz des Landes benutzt längst die unbedenkliche und arbeitssparende Chipkarte.“ Beim Thema Datensicherheit sei aber die Kommunikation mit den Studenten falsch gelaufen.

Anders als die Studierenden begründete das Kuratorium seine Ablehnung der Campuskarte weniger mit Datenschutzbedenken als vielmehr mit der „mangelnden Wirtschaftlichkeit“ des Projekts. Nicht ausgeschlossen wurde mit dem Kuratoriumsbeschluss aber, über die „Nachnutzung von Teilbereichen des Projekts“ nachzudenken. Eben das ist nun mit der Aufforderung der Bibliothek, die Ausweise einheitlich zu erneuern, geschehen.

Der Studierendenvertreter Pöthe sieht aber die Zusage verletzt, dass die alten Ausweise ihre Gültigkeit behalten. Genau das will der Asta nun im Gespräch mit der Kanzlerin erreichen.

Da sage einmal einer, die TU sei offen für den Fortschritt. Übrigens: Bei der UdK behält man lieber gleich den extra Bibliotheksausweis.