cristiano Ronaldos schweres Los
: Zlatans Witzfigur

Zlatanisierungvon Andreas Rüttenauer

Was wohl Cristiano Ronaldo über Zlatan Ib­ra­himović denkt? Ob er ihn beneidet? Ob er gern so wäre wie er? Wahrscheinlich wäre er froh, wenn ihm einmal im Leben etwas gelänge, wofür er nicht verlacht wird, wofür er vielleicht sogar gelobt wird, wofür er klammheimlich bewundert wird. Er versucht es immer mal wieder. Es gibt Tage, an denen will er der Gute sein, an anderen möchte er den Bad Boy spielen. Keins von beidem gelingt ihm so recht. Ronaldo kommt nicht an. Nur eingefleischte Jünger Ronaldos verehren den Mann. Sie schlagen eine immerwährende Verteidigungsschlacht, gelten selbst als lächerlich – genauso wie Cristia­no Ronaldo.

Er kann Hunderte Tore schießen, und alle Welt singt dazu: „Du hast die Haare schön!“ Er kann noch so oft Weltfußballer werden, die Menschen unterhalten sich doch in erster Linie über seine neue Unterhosenkollektion. Und wenn er im Champions-League-Finale den entscheidenden Elfmeter versenkt, wird anschließen nur über seinen Oberkörper geschmunzelt, den er der Welt beim Torjubel gezeigt hat. Er gilt als der eitelste Fatzke unter Fußballgottes Himmel, er ist der Big Jim unter den Fußballprofis, ein Plastikmännchen, dem jede echte Gefühlsregung fehlt.

Er darf nicht gewinnen, und wenn er verliert und traurig dreinblickt, dann erntet er kübelweise Hohn und Spott. Er ist das personifizierte Mimimi des Weltfußballs. Als er bei der EM im Spiel gegen Österreich einen Elfmeter an den Pfosten geschossen hat, twittert die ARD flugs ein Schmähgedicht: „CR der kleine Portugiese / hat ne super tolle Friese. / Doch, es wird ihn Nerven kosten, / ging der Schuss nur anen Pfosten.“ Es gehört zum guten Ton, sich über den kleinen Portugiesen lustig zu machen.

Cristiano Ronaldo ist ein wohltätiger Mann. Er spendet Siegprämien in sechsstelliger Höhe, er hat sich keine Tatoos stechen lassen, damit er auch fürderhin Blut spenden kann, so wie er es schon immer getan hat. Er sagt nicht, dass er perfekt ist, sondern dass er immer weiter an sich arbeiten will. Und doch gilt er als die Arroganz in Person. Einmal hat er gesagt, dass er traurig ist in Madrid, wo er seit Jahren für Real spielt. Auf der ganzen Welt wurde gelacht darüber. Big Jim darf nicht traurig sein. Glücklich sein darf er natürlich auch nicht. Wenn er sich über Siegtreffer freut, dann gilt der Jubel als verlogen.

Man mag sich nicht ausdenken, wie laut das Gelächter in der Fußballwelt wäre, wenn sich Ronaldo selbst eine Legende nennen, wenn er sich selbst als Jesus bezeichnen, wenn er einen auf Zlatan machen würde.

Muss einem Cristiano Ronaldo leidtun? Vielleicht. Und doch ist es gut, dass er wirkt, wie er wirkt. Als Anti-Zlatan macht er Zlatan noch zlatanischer. Vielen Dank dafür!