LeserInnenbriefe
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Anerkennung und Dank

betr.: „Die Grenzen der Selbstaufklärung“, taz vom 18. 6. 16

Lieber Stefan Reinecke, Ihr Beitrag hat mich tief aufgewühlt. Ich war 13, als der Zweite Weltkrieg zu Ende ging. Mein 15-jähriger Bruder wurde drei Monate vor Kriegsende noch eingezogen; er sollte mit der Panzerfaust gegen die Russen-Panzer kämpfen. Das Wissen um die Verbrechen deutscher Soldaten an Russen, Ukrainern und Polen, das Ganze begründet mit der Arroganz von Antikommunismus und Judenhass, hat in meinem langen Leben die Haltung zu anderen Völkern geprägt.

Dass heute auf wesentliches Betreiben der USA gefährliche Militäraktionen der Nato an den Grenzen zu Russland stattfinden – mit dem „Ja“ von Deutschlands CDU/SPD-Regierung – erfüllt mich mit Sorge und Entsetzen. Nach dem Ende der Teilung Deutschlands, so glaubte ich, findet der Kalte Krieg ein Ende. Mit der Hoffnung, dass meine Kinder, Enkel und Urenkel nie wieder Brände und Bomben fürchten müssen wie ihre Großmutter, die unzählige Nächte im Luftschutzkeller erlebt und 1945 das amerikanische Bomben-Inferno von Dresden überstanden hat. Nach der Wende bestand die Chance für eine atomwaffenfreie Zone in Deutschland. Aber nein, Schritt für Schritt rückt die Nato an Russlands Grenzen und provoziert dort mit Kriegsübungen.

Der taz gebührt große Anerkennung, dass sie in diesen Tagen mit dem Beitrag von Stefan Reinicke die verkrustete Erde aufwühlt. Das gilt auch für den Beitrag in der taz am 20. Juni auf Seite 14: „Alles geht ruck, zuck“. Danke.

WILFRIED MAIER, Berlin

Dialog statt Säbelrasseln

betr.: „Reise nach Moskau“, taz vom 22. 6. 16, „Steinmeier bekräftigt Nato-Kritik“, taz vom 21. 6. 16

Mit Aufrüstung, Säbelrasseln und Handelsboykott wurden schon immer fürchterliche Kriege vorbereitet. Doch die schlimmen Erfahrungen aus den beiden Weltkriegen halten die Kriegstreiber und Kriegsgewinnler nicht davon ab, immer wieder neue Kriege anzuzetteln. Dies geschieht seit einigen Jahren in vielen Ländern wieder mit tatkräftiger Unterstützung der nationalistischen Handlanger, obwohl durch die neuen Militärbündnisse auch solche Staaten in die Konflikte einbezogen werden, die zum Beispiel aufgrund ihrer Geschichte erkannt haben, dass Kriege niemals Probleme lösen, sondern nur sehr viel größere Probleme, Leid, Elend und Tod bringen.

Wir sollten daher sehr erfreut darüber sein, dass unser Außenminister nun endlich seine bisherige diplomatische Zurückhaltung in dieser Sache aufgegeben und nicht nur seine wahre Überzeugung geäußert hat, sondern hiermit auch die Meinung und Interessen der überwiegenden Mehrheit unserer Bürger/innen vertreten hat. Erst wenn die SPD wieder zu ihren Wurzeln zurückfindet und mit glaubwürdigen Politiker/innen wieder eine eigenständige, gerechte Sozial-, Wirtschafts- und Friedenspolitik betreibt, wird sie das Vertrauen der Wähler/innen zurückgewinnen können. WERNER ORTMANN, Korschenbroich

Nicht vergessen

betr.: „Der vergessene 22. Juni“, taz vom 22. 6. 16

Gut, dass die taz an den 22. Juni erinnert und darüber berichtet. Das Ereignis darf auch nach so vielen Jahren nicht in Vergessenheit geraten. JULIA ENGELS, Elsdorf

Wut statt Hass

betr.: „Produktivkraft Hass“, taz vom 21. 6. 16

Hätte Aram Lintzel, hauptberuflich Referent für Kulturpolitik der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen und Publizist, seinen Gastbeitrag mit der Überschrift „Produktivkraft Wut“ statt „Produktivkraft Hass“ versehen, dann hätte er mich noch erreicht, denn Wut und Liebe gehören für mich zusammen, Hass und Liebe jedoch nicht. Als polyamor liebender Mensch, taz-Genosse und Direktkandidat meiner Partei „Die Linke“ für die baldigen Wahlen in Berlin trete ich ganz bewusst mit dem Slogan „Liebe und Politik gehören zusammen“ an.

Ich wünsche mir mehr Menschen wie Kübra Gümüsay und

Srecko Horvat in politische Funktionen, Menschen, die für Liebe und Herzöffnung stehen und es auch leben können. Menschen, die für Hass, Kampf und Ausgrenzung stehen, haben wir schon viel zu viele in der Politik, leider auch zunehmend in Deutschland und verstärkt seit es die Ausgrenzungspartei AfD gibt.

Autoren wie Gerald Hüther, der die Liebe als das Kind der

Freiheit und die Freiheit als das Kind der Liebe bezeichnet,

lässt Autor Aram Lintzel leider unerwähnt. Der Weg zur Liebe, der mit bedingungsloser Eigenliebe beginnt, mag für viele Menschen nicht leicht sein. Er lohnt sich jedoch umso mehr.

HANS-WALTER KRAUSE, Berlin

Geschwister

betr.: „Produktivkraft Hass“, taz vom 21. 6. 16

Der Beitrag von Aram Lintzel war interessant und gut zu lesen. Danke.

Er hat mich zum Reflektieren meiner eigenen Vorstellungen und Ansichten gebracht. Ich kann nun sagen: Ja, Hass kann unter bestimmten Bedingungen auch etwas Gutes hervorbringen, wie sich auch die Liebe unter bestimmten Bedingungen gegen dich wenden kann.

Hass kann fruchtbar und zerstörend sein, ebenso die Liebe. Hass darf nur dein Leben nicht bestimmen und zum Zwang werden, genau wie die Liebe. Hass und Liebe sind Geschwister.

SIBYLLA M. NACHBAUER, Erlangen