Ureinwohner stoppen umstrittene Ölpipeline in Kanada

VANCOUVER taz | Es gibt nur noch 2.000 von ihnen, Peter Lantin ist der Präsident der Haida-Ureinwohner in Kanada. Er wohnt auf einer sturmgepeitschten Inselgruppe an der Pazifikküste und kämpft seit Jahren gegen eines der größten Energieprojekte des Landes: die Northern-Gateway-Pipeline.

Die acht Milliarden Dollar teure Doppelröhre sollte einmal Schweröl aus den Teersandgebieten Kanadas zur Küste transportieren – und den Ölkonzernen damit lukrative neue Märkte in Asien sichern. Doch dazu wird es wohl nicht kommen. Am Donnerstag gab ein Berufungsgericht in Kanada einer Klage der Haida und anderer indigenen Völkern gegen die Pipeline statt – und hob damit eine Baugenehmigung der Regierung auf. „Das ist der Sargnagel für die Pipeline“, freute sich Lantin.

Die frühere konservative Regierung habe die Belange der indigenen Bevölkerung beim Genehmigen der Pipeline 2014 nicht ausreichend beachtet, urteilte das Gericht. In Kanada haben Ureinwohner ein Mitspracherecht bei Industrieprojekten, die ihr Territorium berühren. Einen ernsthaften Dialog mit den Ureinwohnern habe es nicht gegeben, meinten die Richter.

Ein Regierungssprecher deutete bereits an, dass der neue liberale Premier Justin Trudeau das Urteil nicht anfechten werde. Für die Industrie wäre das ein herber Rückschlag, denn die vom Enbridge-Konzern geplante 1.200 Kilometer lange Pipeline ist für sie von großer Bedeutung. Die Doppelröhre sollte ab dem Jahre 2018 rund 525.000 Barrel Schweröl pro Tag aus dem Landesinneren zum Pazifik transportieren. Von dort sollte der Rohstoff nach Asien verschifft werden, vor allem nach China. Die umstrittene Förderung von klimaschädigenden Ölsanden wäre so drastisch ausgeweitet worden.

Zuletzt gewann Kanada aus dem Rohstoff etwa 1,9 Millionen Barrel Öl pro Tag, also gut 300 Millionen Liter. Dieses Volumen wollte Kanada in den nächsten zehn Jahren verdoppeln. Das Ende von Northern Gateway verringert auch die Gefahr einer Ölpest. Die Zahl der Tanker rund um den schützenswerten Great Bear Rainforest wäre drastisch erhöht worden.

Das Nein der Richter wiegt umso schwerer, als auch die sogenannte Keystone XL Pipeline derzeit auf Eis liegt. US-Präsident Barack Obama hatte die Röhre, die kanadisches Öl bis an den Golf von Mexiko bringen sollte, aus Klimaschutzgründen nicht genehmigt. Jörg Michel