Ungereimtheiten nach dem Anschlag in Dhaka

BANGLADESCH Von den fünf Festgenommenen ist inzwischen einer tot, zwei weitere sind vermisst

VON Lalon Sander

BERLIN taz | Mehr als eine Woche nach dem dschihadistischen Anschlag auf ein Restaurant in Bangladeschs Hauptstadt Dhaka am 2. Juli gibt es mehrere Ungereimtheiten bei der Aufklärung des Verbrechens. Von fünf Männern, die als Zeugen oder Verdächtige in Gewahrsam genommen wurden, sind zwei inzwischen vermisst. Ein dritter ist tot mit Spuren von Misshandlungen aufgetaucht. Die Polizei erklärte, die beiden Vermissten seien bereits am 6. Juli freigelassen worden. Der Tote wurde laut Polizei verletzt aufgefunden und in ein Krankenhaus eingeliefert, wo er gestorben sei, ehe er befragt werden konnte.

Dennoch bleiben Fragen offen. So erklärte die Familie eines der Vermissten, eines bengalischen Studenten der Universität Toronto, sie habe versucht, ihm während seines Gewahrsams medizinische Versorgung und juristischen Beistand zukommen zu lassen, und sei abgewiesen worden. Zudem dürfen Personen in Bangladesch ohne richterlichen Beschluss nicht mehr als 24 Stunden festgehalten werden. Der andere Vermisste war Dozent an einer Universität in Bangladesch, an der einer der Angreifer studierte. Er wurde am Morgen nach dem Anschlag von den Angreifern freigelassen.

Der Vater des Toten fordert jetzt eine Untersuchung. Der 18-Jährige arbeitete als Küchenhilfe in dem Restaurant, das Ziel des Anschlags war. Dem Vater zufolge habe sein ganzer Körper „Folterspuren“ aufgewiesen. Bei einem Krankenhausbesuch habe sein Sohn ihn und seine Mutter nicht erkannt.

Am 2. Juli hatten mehrere bewaffnete Dschihadisten das Restaurant im Nobelviertel in Dhaka gestürmt. Während der Nacht töteten sie vor allem Ausländer, aber auch Bengalen, die keine Suren aufsagen konnten. Am Morgen ließen sie acht Geiseln frei. Als Soldaten daraufhin das Restaurant stürmten, befreiten sie fünf weitere Menschen und erschossen sechs. In sozia­len Medien bekannte sich der „Islamische Staat“ (IS) zum Anschlag. Der sechste Tote wurde später als Pizzakoch des Restaurants identifiziert. Laut offiziellen Angaben wurde Inzwischen ein sechster Verdächtiger festgenommen.

Nach dem Anschlag hat die Regierung Bangladeschs angeordnet, dass Schüler und Studenten, die zehn Tage der Schule oder Universität fernblieben, gemeldet werden müssen. Grund dafür ist, dass drei der Angreifer des Restaurants bereits seit mehreren Monaten verschwunden waren. Laut Polizeiangaben sind inzwischen mehr als 100 Jugendliche als vermisst gemeldet, die meisten seien seit Januar 2015 verschwunden. Die Morde der IS-Gruppe in Bangladesch begannen im Herbst 2015.

Weil zwei der Angreifer in sozialen Medien dem fundamentalistischen indischen Prediger Zakir Naik folgten, soll nun dessen Fernsehsender Peace TV in Bangladesch verboten werden. Außerdem will die Regierung die Predigten von Imamen bei Freitagsgebeten überwachen, um festzustellen, ob diese „den Islam falsch interpretieren und Militanz ermutigen“.

In Bangladesch sind zwei rivalisierende Terrorgruppen aktiv. Ansar al-Islam versteht sich als Ableger von al-Qaida, während die IS-Gruppe aus der früheren Dschamaat-ul-Mudschaheddin Bangladesch hervorgegangen ist. Beide Gruppen haben seit 2013 mehr als 70 Menschen getötet. Während die Al-Qaida-Gruppe vor allem Atheisten und Säkulare tötet, ermordet die IS-Gruppe Angehörige religiöser Minderheiten sowie Ausländer. Der Anschlag vom 2. Juli war der bislang blutigste. (mit ap, afp)