Perspektive gesucht

Viele Menschen schaffen es nicht, zu arbeiten. Mit Ein-Euro-Jobs halten sie sich über Wasser, doch nicht immer ist das ein Fördern und Fordern

Ein-Euro-Jobber sind auf der Suche nach einer langfristigen Perspektive

bremen taz ■ Sascha Wille will –aber eben nicht alles. „Was soll ich hier für einen Euro voll durch den Garten gehen?“, fragt der 27-Jährige, der 35 Stunden in der Woche in seinem Ein-Euro-Job arbeitet. Früher war er Altenpflegehelfer, und das will er wieder sein. „Im stationären Bereich ist alles voll, ich brauche einen Führerschein, damit ich einen Job bekomme“, sagt Wille. Bis dahin muss er im Garten helfen. Das sei okay, aber nicht gerade eine Motivation, erzählt Wille, der seit mehreren Jahren arbeitslos ist.

„Bei uns sollen Langzeitarbeitslose nicht in einen Job gezwungen werden. Und sie sollen Fortbildungen machen, die ihnen etwas bringen und ihre Chancen auf einen Job erhöhen“, erklärt Uwe Lange, Geschäftsführer der Bremer Arbeitslosenselbsthilfe „Bras“, die Leute wie Sascha Wille in Ein-Euro-Jobs betreuen. 75 Euro pro Mensch und Monat hat Lange zur Verfügung, um seine Schützlinge fortzubilden, für einen Führerschein reicht das nicht.

„Die Ein-Euro-Jobs sollen auf der einen Seite nah an der Praxis, müssen aber auf der anderen Seite zusätzlich sein, damit nicht regulären Jobs Konkurrenz gemacht wird“, sagt Arnold Knigge, Staatsrat im Sozialressort. „Das ist die Quadratur des Kreises: Auf der einen Seite sollen die Menschen praxisnah gefördert werden, können aber natürlich nicht direkt in einem Job bleiben“, sagt Ortwin Baum, Geschäftsführer der Unternehmensverbände im Land Bremen. Einer seiner Kollegen plädiert für bezahlte Betriebspraktika. Betrieben werde durch die Ein-Euro-Jobber keine Konkurrenz gemacht, zusätzliche Arbeitskräfte bekomme er aber auch nicht, sagt der Unternehmer.

3.300 Ein-Euro-Jobs gibt es in Bremen, bis zum Jahresende sollen es 4.000 sein. Vorteilhaft in der Hansestadt sei, dass die Fallmanager der Bremer Arbeitsgemeinschaft für Integration und Soziales, die Ein-Euro-Jobber bei ihrer Arbeitssuche betreuten, dagegen eine davon unabhängige Organisation wie die Bremer Arbeit GmbH (BAG) auf die Qualität der Jobs achte, sagt Martin Weiland, der im Bundesarbeitsministerium für die Zusatzjobs zuständig ist. Dass in Bremen fast zehn Prozent der Ein-Euro-Jobber in sozialversicherungspflichtige Jobs vermittelt worden sei, bedeute einen positiven Trend. Unklar bleibe jedoch, wie hoch die Verweildauer der Menschen in den Jobs sei, erklärt Katja Barloschky, Leiterin der BAG. Auf einer Fachtagung in Bremen zeigte sie sich, ebenso wie Knigge und Weiland, dennoch sehr zufrieden mit der Entwicklung der Ein-Euro-Jobs.

In einem Netzwerk im Internet können sich potenzielle Ein-Euro-Jobber in Bremen über vielfältige Jobs informieren und versuchen, etwas für sie passendes zu finden. Auch Fördermaßnahmen wie etwa der Erwerb eines Hauptschulabschlusses könnten eine Begleitung von Ein-Euro-Jobs sein. Ziel sei es, eine Brücke zu regulären Jobs zu schaffen, erklärt Staatsrat Knigge. Für viele Langzeitarbeitslose sei es wichtig erst einmal wieder im Leben Fuß zu fassen, sich an Arbeit zu gewöhnen, das Gefühl zu bekommen, dass sie gebraucht werden.

„Das ist auf jeden Fall so. Hier zu arbeiten ist besser als zu Hause zu hängen. Die Leute sind nett, aber ich weiß nicht, wie die Perspektive aussehen soll“, sagt Sascha Wille. Der junge Mann wirkt desillusioniert, er fühlt sich nicht genügend gefördert – und im Garten auch ein wenig unterfordert. Er würde am liebsten wieder in einem Altenheim arbeiten – auch als Ein-Euro-Jobber. Aber in Seniorenheimen „werde er nichts“, weil das keine zusätzlichen Jobs seien. So muss er weiter Gärten und Parks pflegen. Als Qualifikation hat er gerade einen Maschinenschein erworben. kay müller