Radikale Weinevon Rainer Schäfer
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Christian Hirsch ist ein ausgeschlafener Zeitgenosse. „Großes Geweih“ nennt der Winzer aus Leingarten bei Heilbronn seine besten Weine, in Anspielung auf den eigenen Familiennamen. Vor allem aber zielt sein Wortspiel auf die im Verband Deutscher Prädikatsweingüter versammelten deutschen Spitzenwinzer: Nur die dürfen ihre Spitzenweine als „Großes Gewächs“ anbieten.

In Ehrfurcht zu erstarren, das liegt Hirsch nicht. Mit seinem „Großen Geweih“ will er beweisen, dass gute Weine nicht nur aus VDP-Gütern kommen. Hirsch bearbeitet zehn Hektar Reben und füllt seine 21 Weine unter dem Label „Hirsch ist wild“ ab. Aber Hirsch ist keiner der Winzer, die das Marketing besser beherrschen als den Weinbau. Der 32-Jährige hat früh die Enge der schwäbischen Provinz hinter sich gelassen, er hat in Geisenheim Weinbau studiert und ein Jahr mit einem Stipendium an der University of California in Davis verbracht. Kalifornien habe ihn geprägt, sagt Hirsch, der 2013 nach Leingarten zurückkehrte. Er versteht es, in seinen Weinen schwäbischen Charakter mit kalifornischer Großzügigkeit zu verbinden.

Hirschs Umgang mit Holzfässern jeder Größenordnung ist gekonnt, sie liegen in einem außergewöhnlichen Keller mit bewegter Geschichte: Hier lagerte eine Brauerei Eisblöcke, danach wurden im Halbdunkeln ausschweifende Partys gefeiert, heute reifen dort Hirschs Weine bei idealen Bedingungen. Für seinen Rosé Saignée lässt Hirsch rote Trauben, die für das „Große Geweih“ bestimmt sind, einen Tag im eigenen Saft ziehen. Dieser Saftabzug ergibt einen ungewöhnlichen Rosé aus Lemberger, Syrah, Cabernet Sauvignon, Merlot und Pinot Noir. Hirsch will „kein süßes Sommerwässerle“, sondern einen trockenen und gehaltvollen Rosé mit Fruchtnoten von Brom- und Himbeere: Das ist der Stil der großen weiten Welt mit einem kräftigen Schlag schwäbischen Kolorits.

Rosé Saignée, Jahrgang 2015, Christian Hirsch, 7,50 Euro, Bezug über www.hirschweine.de