350.000 fordern in Petition Loveparade-Strafprozess

Justiz Das Oberlandesgericht Düsseldorf soll das Verfahren gegen zehn Beschuldigte eröffnen

BERLIN taz | Die Duisburger Bürgerinnen und Bürger vergessen nicht. Nicht die 21 Toten und mehr als 600 Verletzten an jenem Unglückstag vor 6 Jahren, der sich am Sonntag jährt. Und auch nicht das Unvermögen von Politik und Justiz, Verantwortung für die Tragödie bei dem Technofestival zu übernehmen.

Kommenden Montag wird Exbundesinnenminister Gerhart Baum dem Oberlandesgericht Düsseldorf eine Petition mit mehr als 350.000 Unterschriften übergeben. Darin fordern die UnterzeichnerInnen die RichterInnen auf, doch noch ein Strafverfahren zu eröffnen.

Bisher hat die Loveparade-Katastrophe vom 24. Juli 2010 zu keinen juristischen Konsequenzen geführt. Weder die mutmaßlich Verantwortlichen des Veranstalters noch der Stadt Duisburg, die das Technospektakel trotz offenkundiger Sicherheitsmängel ermöglicht hatte, mussten sich vor Gericht verantworten. Im April stellte das Landgericht Duisburg das Hauptverfahren gegen zehn Beschuldigte wegen eines fehlerhaften Gutachtens aus Mangel an Beweisen ein.

„Die Nichtzulassung der Anklage nach rund sechs Jahren Ermittlungen ist eine Bankrotterklärung der Justiz“, kommentierte damals Gerhart Baum, dessen Kanzlei Opfer und Hinterbliebene vertritt – und die dürfen nun wieder hoffen.

Die Petition wurde initiiert, nachdem die Kanzlei des früheren Innenministers gegen die Gerichtsentscheidung Beschwerde eingelegt hatte. Eine Hinterbliebene startete da­raufhin auf der Plattform change.org die Petition. Die Unterschriften kamen nicht allein von Hinterbliebenen auch aus Spanien oder Italien – auch viele DuisburgerInnen unterstützen das Anliegen.

„Als ich die Nachricht bekam, dass der Prozess gegen zehn Verantwortliche abgelehnt wird, war das für mich, als wäre mein Sohn ein zweites Mal gestorben“, sagt Petitionsinitiatorin Gabriele Müller. „Verantwortungslosigkeit muss angemessen bestraft werden“, fordert sie.

Rechtsanwalt Gerhart Baum ist optimistisch, dass die Richter der Petition folgen, den Beschluss des Landgerichts aufheben und an eine andere Kammer zurückgeben werden. „Die Petition“, sagt Baums Kanzleikollege Julius Reiter, „bringt die Erwartung der Betroffenen und der Öffentlichkeit an den Rechtsstaat zum Ausdruck“. Ralf Pauli