Doppeltes Seekino

UMSONST & DRAUSSEN In Bremerhaven steht wieder für zwei Abende eine 180-Quadratmeter-Leinwand auf dem Kai: Das „Kino im Hafen“ erfreut neben Touristen auch Einheimische – und den Mann vom Kulturamt

Es ist die eine Veranstaltung, auf die sich Bernd Glawatty vom Kulturamt Bremerhaven wirklich etwas einbilden kann: „Kino im Hafen“ ist einerseits eine Touristenattraktion, es lockt aber auch viele Einheimische, denn das Ganze ist umsonst und draußen. Auch wenn es mal etwas kühler oder nass werden sollte, kommen um die 4.000 Besucher auf den großen Platz direkt am Kai, genannt „Schaufenster Fischereihafen“. Naheliegenderweise geht hier an den Imbissständen mehr Backfisch als Bratwurst zu den Pommes über den Tresen – angeblich ist er nirgendwo sonst so frisch.

An zwei Abenden im Jahr wird hier also das Kino als ein gemeinschaftliches Erlebnis gefeiert. Zum Anwärmen vor den Filmvorführungen gibt es jeweils ein etwa eine Stunde lang Kleinkunst-Vorprogramm, denn dunkel genug ist es erst gegen 22 Uhr. Die ersten Besucher sind aber immer schon ab 20 Uhr da – auf den besten Plätzen.

Läuft der Film dann, tut er das auf einer der größten Leinwände hierzulande. Dafür werden ein paar Container, an denen herrscht ja im Hafen kein Mangel, herbeigeschafft und aufeinandergeschichtet. 20 Stück bilden am Ende ein Rechteck, darauf werden 180 Quadratmeter Leinwand gespannt. Immer wieder aufs Neue für Erstaunen sorgt das Auto, das ganz oben auf der Konstruktion thront, hinauf gehievt im Auftrag einer der Sponsorenfirmen.

Das Programm besteht traditionell aus einem Erfolgsfilm aus der vergangenen Saison am Freitag sowie einem maritimen Klassiker am Samstag. In diesem Jahr hatte Bernd Glawatty vom Kulturamt insofern Glück, als auch aus Hollywood ein groß produziertes Seeabenteuer in die Kinos kam: „Im Herzen der See“ von Ron Howard, zu sehen also am morgigen Freitagabend. Der Spielfilm erzählt von einem amerikanischen Walfangschiff, das im Jahr 1820 ein riesiger Wal angriff und zerstörte – eine authentische Geschichte, von der sich Autor Herman Melville zu seinem Roman „Moby Dick“ inspirieren ließ.

Am Samstag folgt das wohl bedeutendste erzählerische filmische Werk über den Beruf des Hafenarbeiters: Marlon Brando spielt in „Die Faust im Nacken“ (1954) eigentlich einen gescheiterten Boxer, der seiner einen großen Chance nachtrauert. Arbeiten muss dieser Terry Malloy als Stauer im Hafen von New York, und den realistischen Hintergrund des Films bilden die Machtkämpfe zwischen Kriminellen, die die Gewerkschaften untergraben haben, und, eben, den Arbeitern.

Es gibt die Theorie, dass Regisseur Elia Kazan damit seine vorangegangene antikommunistisch motivierte Denunziation von Kollegen, aber auch diverse Filme ganz im Sinne von „Hexenjäger“ Senator Joseph McCarthy, wiedergutmachen wollte. Davon unbenommen, bleibt „On the Waterfront“, so der Originaltitel, Hollywoods beste Antwort auf den europäischen Neorealismus. HIP

www.kino-im-hafen.de