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Auf Bachs Spuren: Thomaskantor Gotthold Schwarz Foto: dpa

Die erste Wahl in Leipzig

Warum denn in die Ferne schweifen? Der Gute lag doch so nah, genau genommen schon seit 1979, als er Stimmbildner am weltberühmten Thomanerchor in Leipzig wurde. 40 Bewerber überzeugten die Findungskommission zur Nachfolgebestimmung für den Anfang 2015 zurückgetretenen Thomaskantor Georg Christoph Biller nicht. Spät kam man darauf, dass der ewige Zweite, der langjährige Stellvertreter Gotthold Schwarz, der geeignete 17. Thomaskantor nach Johann Sebastian Bach werden könnte. Am Sonnabend wurde er schließlich feierlich in sein Amt eingeführt.

Der 64-jährige Gotthold Schwarz hatte sich gar nicht um die Nachfolge Billers beworben. Er gilt als stiller Diener und ruhiger Arbeiter, ist alles andere als öffentlichkeitsverliebt.

Für ein Dreivierteljahr sang der im sächsischen Zwickau geborene Knabe 1964 schon einmal im Thomanerchor – für den Sohn eines Kantors eine durchaus naheliegende Entscheidung. Doch das Internatsleben löste zu viel Heimweh aus, Gotthold Schwarz kehrte zurück, trat aber mit einer kirchenmusikalischen Ausbildung in Dresden in die Fußstapfen seines Vaters. Gesangs-, Orgel- und Dirigierstudien folgten. Seine solistische Laufbahn nach 1978 brachte ihm als Kantaten- und Oratoriensänger breite Anerkennung und Kontakte mit vielen großen Namen.

Schwarz gründete mehrere Vokal- und Instrumentalensembles, die der barocken und sogenannten Alten Musik verpflichtet sind. Der Kantor eines solchen traditionsreichen Chores wirkt auf die jungen Knaben stets wie eine Vaterfigur. Auch wegen seiner Sensibilität und seiner menschlichen Qualitäten fiel deshalb die Wahl über Umwege auf Gotthold Schwarz.

Er gehört sozusagen schon zum Inventar des Thomanerchores und erhält nun einen Fünfjahresvertrag. „Jeder muss auf den anderen hören und darf sich auf den anderen verlassen“, verriet er ein Motto seiner erfolgreichen Chorarbeit in die Mikrofone.

Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) sagte am Samstag: „Wir haben den Besten gefunden. Und anders als damals bei Bach wissen wir das heute schon.“ Bach galt seinerzeit nicht als erste Wahl für das Amt. Michael Bartsch