Mythen im Museum

Berlin Das Humboldt-Forum plant eine Schau zu Berlin als Weltstadt

„Welt.Stadt.Berlin“ sollte die Ausstellung heißen, die auf Geheiß des Regierenden Bürgermeisters Michael Müller ab 2019 im Humboldt-Forum gezeigt wird. Jetzt nennt sich die Schau „Berlin und die Welt“ und soll die internationalen Verflechtungen der Stadt zum Thema haben. Verantwortlich für die Inhalte ist Paul Spies.

Zu seinem Amtsantritt als Direktor der Stiftung Stadtmuseum im letzten Februar hatte der Holländer versprochen, bis Juli einen Masterplan für seine Institution mit ihren fünf Standorten und die Berliner Flächen im Humboldt-Forum vorzulegen. Am Montag präsentierte Spies seine Konzepte der Öffentlichkeit.

Wozu und zu welchem Zweck braucht Berlin eine Weltstadt-Ausstellung? Die Antwort gab Müller am Montag gleich selbst: Berlin habe einen Anspruch, dass nicht nur andere beim Humboldt-Forum gestalten. Doch es fragt sich, warum eine solche Marketingveranstaltung zum Image Berlins als Weltstadt wirklich nötig ist. Offenbar will man den Touristen ein Bild vom Ort vermitteln, wo sie sich eigentlich befinden. Es wird „erzählt“, wie man gerne von der Welt gesehen werden möchte.

Berliner Identitätsproblem

Ähnlich, doch mit Einheimischen als Zielgruppe, soll es sich beim Stadtmuseum selbst verhalten: Den Berlinern wird eine Identität versichert werden, indem man ihnen Geschichten aus der Historie erzählt.

Ja, hat denn Berlin ein Identitätsproblem? Das Museum, wie es sich Spies denkt, scheint jedenfalls als Mittel gedacht, dem abzuhelfen. Nur: Man könnte auch jeweils ganz andere Geschichten erzählen: etwa Berlin als Ort der Stadtnatur, als Innovationsmetropole, oder als Partyplace der digitalen Boheme – und was als Mythos noch so taugt.

Der Mythos, hat Roland ­Barthes gesagt, sei eine Aussage. Das Museum hat heutzutage offenbar die Aufgabe, Wirklichkeit in Mythen zu verwandeln. So werden der Unübersichtlichkeit der Verhältnisse Identifikationsangebote abgewonnen. Hauptsache, die Geschichten sind gut erzählt. Der größte Trick, alle Widersprüche und Heterogenitäten auf einen Nenner zu bringen, ist wohl der, Berlin als Ort der Einheit von Vielfalt vorzustellen, wie man es im Humboldt-Forum versucht. „Superdivers“ nennt Spies Berlin, aber damit eben eindeutig identifizierbar. Ronald Berg