taz-Podium
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Ein Sieg mit dem Speer – und mit Ansage

Leichtathletik Thomas Röhler aus Jena gewinnt Gold und übertrumpft die Favoriten aus Kenia und Trinidad und Tobago deutlich

Foto: Bernd Thissen/dpa

Kenner vermerkten über seine Leistung nach dem letzten Wurf, er sei der erste Deutsche nach Klaus Wolfermann 1972, der olympisches Gold im Speerwerfen gewinnen konnte: Thomas Röhler unterscheidet sich aber vom wuchtigen Franken einstiger Tage doch sehr. Der Mann aus Jena hatte nämlich am Tag des Speerwurffinales selbst sehr deutlich bekundet, Gold gewinnen zu wollen und dieses auch zu schaffen.

Wolfermann hingegen war damals in München zwar nicht in gleicher Weise als Außenseiter ins Finale gegangen wie damals die 16-jährige Ulrike Mey­farth, die als krasser No-Name den Hochsprung gewann. Doch dass er keine Chance gegen Janis Lusis aus der Sowjetunion haben würde – das war sonnenklar. Mit zwei Zentimetern Unterschied holte sich der Franke den Sieg, der Lette fuhr mit Silber nach Hause.

Röhler hingegen war in den vergangenen Jahren zum Meisterwerfer geworden, er galt schon vor den Spielen von Rio als einer der heißesten deutschen Medaillenkandidaten. Aber jüngst, bei der Europameisterschaft in Amsterdam, hat er als Favorit seinen Speer nicht medaillentauglich akkurat in die Luft schleudern können: Würde er genauso übernervös auf Erwartungen und Wünsche von deutschen Medaillenzählern reagieren?

Der Mann ließ sich auf verblüffende Art nicht beeindrucken: Warf im ersten Versuch über die 85-Meter-Grenze und hatte sich, wie er später mitteilte, auch kein Grübeln gegönnt, ob die zwischenzeitliche Führung durch den kenianischen Weltmeister Julius Yego ihn nun einschüchtern könnte. Auch der Wurf des London-Olympiasiegers, Keshorn Walcott aus Trinidad und Tobago, auf 85,38 Meter irritierte ihn ersichtlich nicht.

Röhler, Bachelor nach einem Studium der Sport- und Wirtschaftswissenschaften, zwirbelte sein Sportgerät schließlich auf 90,30 Meter: Das reichte auch gegen den Kenianer, zumal dieser seine letzten Finalwürfe nicht nutzen konnte – weil er sich beim vierten Versuch durch die eigenen Spikes eine Verletzung zuzog.

Im Interview zeigte sich Röhler erleichtert: grüßte seine Kumpel in Jena, Freunde und Familienangehörige – und gab außerdem, sehr berührend, zu Protokoll, dass er diese Medaille für sich gewonnen hat, nicht nach den Protokollvorgaben von Medaillenbilanzverantwortlichen. Jan Feddersen