Hermannus Pfeiffer über Nestlés neue MarketinGstrategie
: Geschäftsmodell Gesundheit

Beliebt ist der Konzern Nestlé nun wirklich nicht. Daran wird auch der neue Spitzenmanager Ulf Schneider nichts ändern können. So geisterte „Nestlé tötet Babys“ – der Milchpulverskandal der 1970er Jahre – zum Firmenjubiläum im August wieder kräftig durch die Medien. An Skandalen war der größte Lebensmittelkonzern auch später nie arm. Weltweit erfolgreich sind die Schweizer dennoch.

Die immer wiederkehrende Kritik von Umweltverbänden und Lebensmittelexperten an der Qualität von Zuckerbomben und Baby­nahrung oder am Verkauf von Trinkwasser in den Trockenregionen Afrikas und Asiens dürfte nicht gänzlich verstummen.

Doch einen Sturm der Entrüstung könnte die neue Geschäftsoffensive der Schweizer auslösen, wenn sie mit therapeutischen Lebensmitteln die Konsumwelt erobern wollen. Erst werden die Menschen von klein auf mit Schokoriegeln und Softdrinks vollgestopft, bis sie gewissermaßen platzen. Dann sollen sie sich die Fettpolster und die daraus resultierenden „Zivilisationskrankheiten“ wieder wegessen. Zynischer geht es eigentlich nimmer.

Ulf Schneider folgt dabei seiner einschneidenden Logik. Die herkömmlichen Märkte sind weitgehend gesättigt. In einigen Wachstumsmärkten wie China geht es zwar noch voran. Aber auch hier zeichnen sich Grenzen ab. Übrigens nicht allein für die Lebensmittelindustrie. Der Goldrausch der Globalisierung ist vorbei.

Doch eigentlich würden gesunde, unbearbeitete Lebensmittel wie zu Omas Zeiten ausreichen, um uns gut zu ernähren. Doch eine wachsende Weltbevölkerung wird ohne Agrar- und Lebensmittelindustrie befürchtungsweise nicht zu ernähren sein. Wenn zukünftig Nestlé auf Qualität statt Quantität setzte, könnte man dem Trend zu „Nutrions“, zu funktio­nalen, geradezu medizinischen Lebensmitteln sogar etwas abgewinnen. Doch wer mag schon daran glauben?

Wirtschaft + Umwelt