Suizid von Jaber A. in Sachsen: Tillich räumt Fehler ein

DRESDEN taz | Ansatzweise Selbstkritik und erklärter Aufklärungswille auch der Regierungsparteien CDU und SPD bestimmten am Freitag die sächsischen Reaktionen auf die Selbsttötung des Terrorverdächtigen Jaber A. „Der Umgang mit dem des Terrorismus bezichtigten Häftling ist nicht in dem Maß erfolgt, wie es notwendig ist“, räumte Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) am Rande der Bundesratssitzung ein. Der Suizid am Dienstagabend in der Leipziger Justizvollzugsanstalt hätte auf jeden Fall verhindert werden müssen. Tillich zeigte sich offen für die Einsetzung einer unabhängigen Untersuchungskommission. Katja Meier, rechtspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion im Landtag, hat diese inzwischen offiziell beantragt.

Der in Chemnitz aufgespürte und der Polizei zunächst entkommene 22-jährige Syrer war am Sonntag mithilfe dreier Landsleute in Leipzig gefasst worden. Er soll Sprengstoffanschläge auf Flughäfen geplant haben. Bei seiner Hafteinweisung waren keine außerordentlichen Sicherheitsvorkehrungen getroffen worden, A. erhängte sich am Dienstagabend mit seinem Hemd. Bundesweit gerieten die sächsischen Justizbehörden daraufhin in die Kritik.

Justizminister Sebastian Gem­kow lehnt einen Rücktritt auch deshalb ab, weil er wie „eine Flucht vor dem, was jetzt hier aufzuklären ist“, erscheinen könnte. Die Koalitionäre CDU und SPD haben inzwischen einen gemeinsamen Antrag für die am Dienstag anberaumte Sondersitzung des Innen- und Justizausschusses im Landtag formuliert. Sie wollen nicht nur die Todesumstände des mutmaßlichen Terroristen, sondern auch die vergeblichen Polizeieinsätze erörtern. CDU-Rechtspolitiker Martin Modschiedler warnte vor Vorverurteilungen. Auch die Rechte, die ein Gefangener habe, müssten abgewogen werden.

Sein Fraktionskollege Alexander Krauß attackierte hingegen Linke und Grüne, die bei einer Dauerbeobachtung A.s wahrscheinlich über „haftunwürdige Umstände“ geklagt hätten. „Ich bin froh, dass A. seine geplante Tat nicht ausführen und niemand anderen mit ins Verderben ziehen konnte“, sagte der CDU-Mann der Zeitung Junge Freiheit. Linken-Fraktionschef Rico Gebhardt begrüßte, dass die Untersuchungskommission wohl eingerichtet werden soll. Zugleich stellte er das Justizversagen in eine Reihe mit Staatsversagen in Sachsen bei der Bekämpfung von Hass und Gewalt. Michael Bartsch