LeserInnenbriefe
:

taz.die tageszeitung | Rudi-Dutschke-Str. 23 | 10969 Berlin

briefe@taz.de | www.taz.de/zeitung

Die Redaktion behält sich Abdruck und Kürzen von Leserbriefen vor.

Die veröffentlichten Briefe geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.

Alles paletti?

betr.: „Suizid in Untersuchungshaft“, „Das kann immer passieren“, taz vom 14. 10. 16

Ein nicht unberechtigter Aufschrei geht durch Deutschland ob des Versagens der sächsischen Justiz im Falle des mutmaßlichen IS-Terroristen al-Bakr. Den vorläufigen Höhepunkt einer beschämenden Selbstbeweihräucherung bildeten die Pressekonferenz des Justizministers und die völlig unkritische Stellungnahme des Ministerpräsidenten Stanislaw Tillich, Fazit: Alles paletti?

Dabei hat sich Sachsen über Jahre hinweg Skandale aller Couleur geleistet. Erinnert sei unter anderem an die Paunsdorf-Affäre von Ministerpräsident Biedenkopf, der Rotlichtsumpf von Leipzig, das NSU-Domizil in Chemnitz/Zwickau, die staatliche Subventionierung der Biedenkopf-Tagebücher, die seit zwei Jahren andauernden Ausschreitungen von Pegida mit Galgensymbolik und Hassgeschrei, die massenhaften Ausschreitungen und Brandschatzungen gegen Flüchtlinge und Einrichtungen im ganzen Land und nun ein Totalversagen in der Terrorbekämpfung.

Nicht einmal aus diesem Desaster werden in der Landesregierung Konsequenzen gezogen. Niemand hat gefehlt, und uns bleiben völlig überforderte Regierungsmitglieder und ein ewig lächelnder Ministerpräsident erhalten. Zum Schaden für Sachsen und seine Menschen. RAIMON BRETE, Chemnitz

Es braucht kein Internet

betr.: „Flüchtlingskrise. Mit Hihgspeed quer durch Afrika“,taz vom 13. 10. 16

Anja Meier schreibt: „In Mali explodiert die Bevölkerungszahl. Sieben Kinder bekommt hier jede Frau durchschnittlich.“ Welche Strategien die Regierung hat, um das enorme Bevölkerungswachstum einzudämmen, wird nicht berichtet.

Würde es sich um ein Land in Europa handeln, wäre diese Frage eine Selbstverständlichkeit. Regierungen in Afrika sind dagegen immer fein raus. Sie werden nicht zur Rechenschaft gezogen, wenn es um Ursachen von Armut und Migration geht. An anderer Stelle heißt es: „Afrika, das sind sehr viele, unglaublich junge Menschen. Wie kann man verlangen, dass sie wegbleiben aus einer Welt, die sie im Internet sehen?“

Menschen in Afrika brauchen kein Internet, um zu sehen, wie es ist, im Wohlstand zu leben. Sie müssen nur vor Ort in die Wohnviertel der Mittelschicht, der Reichen und Superreichen gehen und vor den Shopping Malls die SUVs zählen.

BRIGITTE REINHARDT, Bad Honnef

Altbackene Ideen

betr.: „Das Phantasma der Leitkultur“ von Stefan Kühl,taz vom 13. 10. 16

Das Papier von Vertretern der CSU und – ausgerechnet – der sächsischen CDU zeigt, dass diese Ideologen der Realität und der Lebenswirklichkeit der Menschen in Deutschland hinterher­laufen. Die Mehrzahl der Deutschen macht sich keine Gedanken, wie eine wie auch immer geartete „Leitkultur“ aussieht, sondern betrachten Deutsche mit Migrationshintergrund und ausländische Einwanderer völlig selbstverständlich als Teil der Bevölkerung.

Die „Leitkultur“-Thesen sind nichts weiter als bedrucktes Papier. Es ist so wie in der Wirtschaft: Ein Consultant entwickelt Leitbild und Unternehmenskultur, und anschließend verschwinden sie in den Schubladen oder werden bestenfalls im Besucherzimmer gerahmt ausgestellt. Die Unionsleute hätten besser die Menschen fragen sollen, was sie für sich als Leitbild sehen, statt im stillen Kämmerlein altbackenen Ideen nachzuhängen.

ANDREAS MEISSNER, Dresden

Unmoderne SPD

betr.: „Erziehung. Rebellion gegen Reform“von Kaija Kutter,taz vom 13. 10. 16

Was da aus dem SPD-Hause Schwesig als Reform verkauft wird, ist schlicht eine komplette Verstaatlichung der Jugendhilfe. Alle Erkenntnisse über die Bedeutung von Beziehung und Bindung für Kinder und Jugendliche werden ausgeblendet. Kleinstheime, die zu den Kindern in der Regel über Jahre Beziehung halten, sollen geschlossen werden.

Wenn die AfD zurück in der 50er will: Die SPD will in der Jugendhilfe zurück in die vorindustrielle Zeit. Eine solche SPD ist im modernen Parteiengefüge der Republik einfach überflüssig. MICHAEL REISKE, Rheine

Vorstadt und City

betr.: „Schaut auf diese Städte“, megacities.taz vom 14. 10. 16

Umso wichtiger ist es für die Menschheit, uns eine neue Chance zu geben – ohne Krieg und Zerstörung. Urbane Mittelpunkte sollten die Machtzentren einer Demokratie sein – Vororte nette Wohngegenden.

Und Menschen sollten in modernen Appartements und Wohnungen inmitten der Stadt am Ort ihrer Berufe leben können – so wie in Schanghai, Hongkong, New York, Rio de Janeiro, Moskau, Johannisburg, Dubai. Nur wir denken immer noch in Zeiten der Französischen Revolution.

Die Lebensbedingungen haben sich geändert – unsere Lebensstile auch. Beides in Einklang zu bringen – Vorstadt und City –, das sind die Herausforderungen dieses Jahrhunderts.

Aber bitte nicht länger rückständig, sondern modern, innovativ, effizient und vor allem zukunftsweisend.

CLAUDIA GROSSKLAUS, Hattingen