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Flensburger Brieffreundschaft

HANDBALL Die SG Flensburg-Handewitt hat den besten Saisonstart aller Zeiten hingelegt – dennoch beklagt sich Trainer Vranjes

Spontaner Support ist weniger zuverlässig als einstudierter, musste Flensburgs Publikum lernen

Es könnte alles so schön sein bei der SG Flensburg-Handewitt: Ohne Verlustpunkt führt die Mannschaft nach dem gestrigen Sieg gegen Frisch Auf Göppingen (27:21) die Tabelle der Handball-Bundesliga an, hat am Mittwoch nach einem dramatischen Krimi gegen die Füchse aus Berlin auch die nächste Runde im DHB-Pokal erreicht. Sogar in der Champions League ist nach dem Sieg gegen Wisla Plock eine Woche zuvor alles im Lot. Die SG ist auf gutem Weg, in allen drei Wettbewerben wieder mitzureden.

Ausgerechnet nach dem Sieg gegen Plock gab es überraschende Störungen im sonst so wohligen Klima: Trainer Ljubomir Vranjes, der unbestrittene Vater der Flensburger Erfolge der jüngeren Vergangenheit, muckte auf – und zwar gegen die eigenen Fans: „Dann können sie zu Hause vor dem Fernseher sitzen“, beklagte er mangelnde Unterstützung in der Halle. Das saß tief in einer Stadt, in der Handball gelebt wird wie im Ruhrpott Fußball.

Wenige Tage später, auf der Rückfahrt vom Auswärtsspiel in Wetzlar, muss der Schwede, der seit 2006 bei der SG ist – erst als Spielmacher, seit 2010 als Trainer –, die Einsicht gepackt haben, dass er den Anhängern eine Erklärung schuldete: „Ich sitze gerade im Bus“, begann er einen offenen Brief an die Fans, der am Tag vor dem Pokalspiel auf der SG-Homepage veröffentlicht wurde. Darin bestreitet er, dass seine Vorwürfe auf das Spiel gegen Plock gemünzt waren, zeichnet für den Liga-Alltag aber dennoch ein düsteres Bild. „Seit dem ersten Spieltag dieser Saison ist die Stimmung in der Flens-Arena viel leiser geworden“, schreibt er: „Alle Mannschaften haben das Potenzial, jeden Gegner zu schlagen! Deswegen ist es so wichtig, dass wir zu Hause nicht nur sieben auf dem Feld sind, sondern das wir jedes Mal den achten Mann hinter uns spüren.“

Was Vranjes beschreibt, hat seine Ursache in einem anderen offenen Brief vom Juni: „Nach ereignisreichen 16 Jahren haben wir beschlossen, das Kapitel Ultras Flensburg zu schließen und geben hiermit unsere Auflösung bekannt“, verkündete da die Fan-Gruppierung, die bis dahin maßgeblich die Unterstützung in de Halle koordiniert hatte. Als Gründe nannten die Ultras diffus „externe Faktoren“, aber auch „interne Ereignisse und Probleme“.

Spontaner Support ist weniger zuverlässig als einstudierter: Das musste das Flensburger Publikum in den ersten vier Bundesliga-Heimspielen erst mal lernen. Inzwischen wartet es nicht mehr auf die Vorsänger – und hat bereits gegen die Füchse die Halle wieder „zum Brodeln“ gebracht, fand das Flensburger Tageblatt. RLO