Schwere Schlappe für Bush im US-Senat

Republikanische und demokratische Senatoren beschließen ein Verbot von Misshandlungen von Gefangenen

Entscheidender Schritt zurWiederherstellung des Folterverbots

WASHINGTON afp/dpa/taz ■ Sehr zum Ärger von US-Präsident George W. Bush hat der US-Senat in der Nacht zum Donnerstag klare Richtlinien für die Verhöre von ausländischen Gefangenen verabschiedet. Mit neunzig – darunter 46 Republikaner – zu neun Stimmen sprachen sich die Senatoren für die strikte Anwendung des Armeehandbuchs aus, das „grausame, unmenschliche und entwürdigende“ Behandlung von Gefangenen verbietet. Der Senat reagierte damit auf den Misshandlungsskandal von Abu Ghraib und Vorwürfe, im Gefangenenlager Guantánamo auf Kuba seien Gefangene misshandelt worden.

Treibende Kraft war der republikanische Senator John McCain, der selbst in fünf Jahren vietnamesischer Kriegsgefangenschaft gefoltert worden war. „Das Image der Vereinigten Staaten ist durch die Bilder von Gefangenen-Misshandlungen sehr stark beschädigt worden“, sagte McCain, der einer der wichtigsten Unterstützer Bushs zu Beginn des Irakkrieges gewesen war. „Wir müssen der Welt eine Botschaft senden, dass wir eine Wiederholung solcher Vorfälle nie wieder zulassen werden.“

Wegen des Folterskandals von Abu Ghraib war die US-Soldatin Lynndie England in der vergangenen Woche zu drei Jahren Gefängnis verurteilt worden. Ein Foto von England, auf dem sie im irakischen Abu-Ghraib-Gefängnis einen nackten und am Boden liegenden Häftling wie einen Hund an der Leine hielt, war um die Welt gegangen. Insgesamt wurden seit dem Bekanntwerden des Abu-Ghraib-Skandals im Frühjahr 2004 neun US-Soldaten verurteilt.

Die vom US-Senat beschlossene Neuregelung ist laut McCain auch zum Vorteil der US-Militärangehörigen, die damit klare Maßregeln erhielten, „was sie tun oder nicht tun können“. Exaußenminister Colin Powell erklärte seine „volle Unterstützung“ für das Misshandlungsverbot. Damit könne die „furchtbare diplomatische Krise“ überwunden werden, die durch den Abu-Ghraib-Skandal verursacht wurde.

Der Senat verabschiedete die Bestimmung als Zusatz zum Verteidigungshaushalt in Höhe von 440 Milliarden Dollar. Das Abgeordnetenhaus hatte den Haushalt ohne Zusatz verabschiedet. Deshalb geht das Gesetzespaket nun in den Vermittlungsausschuss.

Das Weiße Haus hatte mit einem Veto gegen das Gesamtpaket gedroht, wenn der Zusatz nicht gestrichen wird. In einer Stellungnahme zu dem Senatsbeschluss hieß es, die Maßnahme würde „die Autorität des Präsidenten untergraben, die Amerikaner wirksam vor terroristischen Angriffen zu schützen und Terroristen vor Gericht zu bringen“.

Menschenrechtsorganisationen begrüßten hingegen die Entscheidung des Senats. „Die Zusätze (zum Haushalt, d.Red.) von Senator McCain sind ein entscheidender Schritt zur Wiederherstellung des traditionellen Verbots von Folter und Misshandlung beim Militär“, sagte Leonhard S. Rubenstein, Leiter der Organisation „Ärzte für Menschenrechte“.

Die Entscheidung des Senats kommt zu einer Zeit, in der Bush wegen der Irakpolitik stark unter Druck steht. Er wollte gestern eine „wichtige Rede über den Krieg gegen den Terror“ halten, wie sein Sprecher Scott McClellan ankündigte. Zuvor hatte eine Gruppe von mindestens vierzig demokratischen Senatoren den Präsidenten in einem Brief aufgefordert, offene Fragen im Zusammenhang mit der Lage im Irak und dem Abzug der US-Truppen zu beantworten. B.S.