Offshore-Energie kaum noch teurer als die Konkurrenz

Erneuerbar Marktanalytiker sehen Strom aus Windrädern vor den Küsten „am Wendepunkt“

FREIBURG taz | Die Unternehmensberatung Roland Berger sieht in einer neuen Studie die Offshore-Windenergie „am Wendepunkt“. Kritiker zweifeln bislang, dass die Stromerzeugung vor der Küste sich jemals rechnen kann. In der Untersuchung, die nicht im Auftrag, sondern eigeninitiativ erstellt wurde, kommen die Marktanalytiker zu einem klaren Fazit: „Kosten sinken, Energieerzeugung wird wettbewerbsfähig.“

Das Beratungsunternehmen stützt sich dabei vor allem auf die Ergebnisse der Ausschreibung für den neuen Offshore-Windpark „Borssele“ in den Niederlanden. Mit Gesamtkosten von 8,7 Cent pro Kilowattstunde sei dort der Abstand zur Windkraft an Land halbiert worden und liege deutlich unter den 11,5 Cent, die sich die Branche für 2020 als Ziel gesetzt habe.

„Die rekordverdächtig niedrigen Stromgestehungskosten zeigen das erhebliche Einsparpotenzial für die Offshore-Windkraft“, sagt Manfred Hader von Roland Berger. Sie beweisen, dass diese Technologie als günstige erneuerbare Energiequelle dienen könne und auch in die energiepolitischen Pläne der Regierungen einfließen solle.

Zum Vergleich berechnen die Autoren, was Strom aus anderen Quellen kostet: Eine Kilowattstunde aus fossilen Kraftwerken liegt trotz des derzeit niedrigen Preises für CO2-Emissionszertifikate bei 4 bis 6 Cent. Windkraft an Land komme auf 4 bis 7 Cent, Strom aus Photovoltaik auf 7 bis 13 Cent. Das zeige „deutlich, dass Offshore-Windenergie schon bald zum ernst zu nehmenden Wettbewerber für alle anderen Stromerzeugungsmethoden wird“, sagt Hader. Dass sie in sechs Jahren um 54 Prozent billiger werden konnte, führt er vor allem auf vier Faktoren zurück: optimierte betriebliche Prozesse, technische Innovationen, größere und leistungsstärkere Turbinen sowie mehr Wettbewerb unter den Zulieferern. Diese strukturellen Faktoren gälten grundsätzlich für die gesamte Branche. Die derzeit extrem niedrigen Zinsen und die niedrigen Stahl- und Ölpreise spielen nach Einschätzung der Analysten dagegen nur „eine geringere Rolle“.

Bereits im Sommer hatte der niederländische Wirtschaftsminister Henk Kamp verkündet, es sei „weltweit noch nie passiert, dass ein Offshore-Windpark zu so niedrigen Kosten gebaut werden“ könne. Die Windparks Borssele 1 und 2 mit jeweils 350 Megawatt Nennleistung entstehen 22 Kilometer vor dem Festland der niederländischen Provinz Zeeland.

In Deutschland wird Windkraft auf See allerdings auch in Zukunft noch teurer bleiben, weil die Anlagen meist deutlich weiter von den Küsten entfernt liegen. Das bringt höhere Anschlusskosten und verteuert die Wartung.

„Aber auch hier werden die Kosten in Richtung 10 Cent und darunter fallen“, sagt Sebastian Boie von der Stiftung Offshore-Windenergie. Was dann kommt, hänge von der Kontinuität des Ausbaus ab. Bernward Janzing