Lenzens Wunschliste kassiert

UNI-PRÄSIDENTSCHAFT Der aussichtsreichste Kandidat Dieter Lenzen bekommt für seinen Führungsstil eine Ohrfeige – vom Berliner Wissenschaftssenator

In den Konflikt um die Neuwahl des Uni-Chefs mischt sich die GAL ein.

■ Die Entscheidung des Akademischen Senats, die Wahl ausnahmsweise nicht öffentlich abzuhalten, stoße bei der GAL auf „völliges Unverständnis“, sagte Landeschefin Katharina Fegebank. „Das zeigt, dass der Hochschulrat aus den Fehlern der vergangenen Monate nicht gelernt zu haben scheint.“

■ Der Rat „schadet der universitären Kultur“, ergänzt Partei-Vize Anjes Tjarks. „Das muss auch bei der Evaluation des Hochschulgesetzes Berücksichtigung finden.“

Heute könnte an der Uni Hamburg das Interregnum nach dem unrühmlichen Abgang von Monika Auweter-Kurtz enden, der ihr autoritärer Führungsstil zum Verhängnis wurde. Gesucht wird ein Nachfolger, der integrieren, Mitarbeiter motivieren und Gräben zuschütten kann. Als heißester Kandidat gilt seit Tagen undementierten Gerüchten zufolge Dieter Lenzen, noch Präsident der Freien Universität Berlin.

Lenzen kommt allerdings nicht unbeschädigt zum Vorsingen nach Hamburg. Gerade hat ihm Berlins Bildungssenator Jürgen Zöllner (SPD) eine Ohrfeige verpasst: Zöllner strafte den Uni-Chef in einem Verfahren ab, das Lenzen bei einer Kandidatur in Hamburg noch ins Stolpern bringen könnte. Es geht um autoritären Führungsstil und politische Intrigen.

Wie die taz am Mittwoch erfuhr, wies der Berliner Bildungssenator jetzt ein Verfahren komplett zurück, mittels dessen Lenzen einen politisch missliebigen Professoren-Kandidaten losgeworden war.

Hintergrund ist die so genannte „Scharenberg-Affäre“, bei der Lenzen im Jahr 2007 – entgegen aller fachlich anders lautenden Urteile der Gutachter und Auswahlkommissionen – dem Favoriten Albert Scharenberg eine Professur verweigert hatte. Scharenberg soll dem Uni-Präsidenten zu links gewesen sein.

Bundesweit wurde damals über die Affäre berichtet, 200 WissenschaftlerInnen aus aller Welt warfen Lenzen in einer ganzseitigen Zeitungsanzeige vor, Professuren „nach politischer Opportunität“ zu besetzen. Lenzen kassierte den Vorschlag dennoch, besetzte die Auswahlkommission neu und wies sie an, einen anderen Kandidaten vorzuschlagen. Das Bewerbungsverfahren begann erneut, Scharenberg verschwand von der Liste.

Zwei Jahre später hatte Zöllner nun über die Berufungsliste zu entscheiden, auf der nur noch zwei Namen standen. Eigentlich Formsache. Aber der Senator verweigerte sich den Vorschlägen und kippte das pikante Verfahren komplett. Das bestätigte nun auch das FU-Präsidium der taz – und geht in die Offensive: Nicht Lenzen sei befangen gewesen, sondern die Kommission, die seinerzeit Scharenberg nominiert habe. Lenzen habe in dem Bewerbungsverfahren lediglich seine Rechtsaufsicht wahrgenommen. „Insofern“, so ein Uni-Sprecher, „sind die Behauptungen mit Entschiedenheit zurückzuweisen, die Beendigung des Verfahrens durch den Senator sei dem Präsidenten zuzuschreiben“. Bleibt die Frage, warum der Bildungssenator dann noch immer nicht zufrieden ist? Zöllner wollte sich am Mittwoch nicht äußern. MARTIN KAUL