heute in Bremen
: „Robin-Hood-Mythos“

Konzert Die Don-Kosaken singen. Ein Osteuropa-Historiker erklärt, wer sie eigentlich sind

Andreas Kappeler

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73, ist emeritierter Professor für Osteuropäische Geschichte an der Universität Wien. In seinem neuesten Buch untersucht er die Geschichte der Tschuwaschen.

taz: Herr Kappeler, warum sind die Don-Kosaken für viele Menschen so faszinierend?

Andreas Kappeler: Die Kosaken gab es in Russland und in der Ukraine und sie haben dort seit dem 16. Jahrhundert freie, egalitäre, ja fast demokratische Gesellschaften geschaffen. Sie waren militärisch geschult und haben Volksaufstände angeführt. So hat sich um sie eine Art Robin-Hood-Mythos gebildet.

Gibt es außer Don-Kosaken auch noch andere Kosaken?

Kosaken haben sich immer an Flüssen angesiedelt, am Rande der Steppe, die von tatarischen Reiternomaden kontrolliert wurde. Neben den Don-Kosaken gibt es auch Wolga-Kosaken und in der Ukraine Dnjepr-Kosaken.

Wie ging es mit den Kosaken weiter?

In der Ukraine sind die Kosaken ganz verschwunden und leben nur als Mythos weiter. In Russland sind sie ab dem 18. Jahrhundert gewissermaßen „umgepolt“ worden, sie haben sich in den Dienst des Zaren gestellt und dann auch auf Seiten der Weißgardisten gegen die Bolschewiken gekämpft. Nach deren Sieg wurden sie Repressionen unterworfen. Sie wurden deportiert und diskriminiert. Im Zweiten Weltkrieg haben sie dann eine sehr unrühmliche Rolle gespielt, indem sie auf Seiten der Deutschen gegen die Sowjetunion gekämpft haben.

Welche Bedeutung haben die Kosaken heute noch?

In Russland spielen die Kosaken heute wieder eine Rolle, indem sie die Regierung stützen und deren angebliche Feinde bekämpfen. Sie erfüllen wieder eine regimestabilisierende Funktion. Bei den Kämpfen in der Ukraine haben auf russischer Seite auch Kosaken mitgekämpft.

An welche Tradition knüpfen denn die singenden Kosaken an?

Das Singen ist in Russland allgemein viel wichtiger als hier, einige der berühmtesten russischen Volkslieder sind Kosakenlieder. Insofern sind das Singen und auch die Reiterkunststücke eine Folklore, die auf die guten, alten Traditionen verweisen soll.

Interview: Karolina Meyer-Schilf

20 Uhr, Die Glocke