Chinas Wirtschaft wächst, aber die Sorgen nehmen zu

Konjunktur Staatsverschuldung, Kapitalflucht,
zu teure Immobilien: Ein Crash ist denkbar

Teuer, aber im Smog: Wohnungen in Peking Foto: Andy Wong/ap

PEKING taz | Die US-Ratingagentur Fitch rechnet 2017 nur noch mit einem Wachstum 6,4 Prozent für China. 2016 lag der Wert noch bei 6,7 Prozent, was bereits das schwächste Wachstum in mehr als 25 Jahren war.

Regierungsnahe Ökonomen werden nicht müde zu betonen, dass ein langsameres Wachstum unausweichlich sei. Die chinesische Volkswirtschaft würde schließlich immer größer; da seien zweistellige Wachstumsraten nicht zu halten.

Fitch bewertet den Ausblick für Chinas Wirtschaft denn auch als „stabil“; Investitionen im Reich der Mitte würden sich weiterhin lohnen. Zugleich weist die Ratingagentur jedoch auf eine Reihe von Unsicherheiten hin, „die ein Risiko für die wirtschaftliche und finanzielle Stabilität darstellen könnten“. Große Sorge bereitet den Experten vor allem Chinas rasant steigende Staatsverschuldung, die in den vergangen fünf Jahren um mehr als 60 Prozent zunahm. Vor allem in der zweiten Hälfte 2016 sind die Schulden noch einmal drastisch in die Höhe geschossen.

Die Experten ziehen Parallelen zu Japan in der zweiten Hälfte der achtziger Jahre, als die Verschuldung innerhalb von fünf Jahren um 45 Prozent anstieg, und zu Südkorea, das in den 1990er eine ähnliche Schuldenexplosion erlebte. Beides mündete in schwere Finanzkrisen.

Sorge bereitet auch der chinesische Immobilienmarkt. Die Kauf- und Mietpreise sind in den meisten chinesischen Metropolen im vergangenen Jahr um bis 30 Prozent in die Höhe geschossen, in einigen Städten wie Shanghai oder Shenzhen gar um mehr als 40 Prozent. Die hohen Preise gefährden das soziale Gefüge. Wer in Peking schon vor etwa zehn Jahren zugeschlagen hatte, als die Preise noch niedrig waren, ist nach dem Buchwert jetzt Millionär. Viele alteingesessenen Pekinger halten es mit Mitte 40 oder Anfang 50 nicht mehr für nötig zu arbeiten. Junge Leute hingegen können sich trotz guter Ausbildung und gutem Job die Hauptstadt nicht mehr leisten.

Die chinesische Führung hat das Probelm erkannt. „Häuser sind zum Wohnen da und nicht zum Spekulieren“, lautet das Motto seit der jährlichen Wirtschaftstagung des kommunistischen Zentralkomittees, die Ende Novembe stattfand. In den meisten chinesischen Metropolen wird der Kauf von Zweit- oder Drittwohnung nun erschwert.

„Häuser sind zum Wohnen da und nicht zum Spekulieren“

ZK der Kommunistischen Partei

Es besteht durchaus das Risiko, dass die chinesische Wirtschaft in den nächsten zwei bis drei Jahren „hart landet“, befürchtet Rajiv Biswas, Chefökonom bei IHS Global Insight in Singapur. Denn die Zinsen in den USA steigen, sodass das Kapital aus den Schwellenländern abfließt, um an der Wall Street angelegt zu werden. Chinas Währungsreserven sinken bereits seit Monaten.

Nur die Tiraden des designierten US-Präsidenten Donald Trump gegen China sehen die meisten Ökonomen eher gelassen. Sie glauben nicht, dass Trump seine Ankündigung umsetzen wird, auf chinesische Waren einen Strafzoll von 45 Prozent zu verhängen. Damit würde er der US-Wirtschaft zu sehr schaden. Zudem würden die Betriebe sowieso nicht in die USA zurückkehren, denn dort seien die Löhne viel zu hoch. Felix Lee