Eindeutige Botschaften

In Neumünster gehören Neonazi-Treffen zur Normalität: Die Extremisten verfügen dort über eine feste Anlaufstelle

Die Party war kein Geheimtipp. Seit neun Jahren haben die Neonazis den Termin in Neumünster fest auf der Agenda. Um den 2. Oktober feiern sie den Geburtstag des „Club 88 – The very last resort“. Auch die Anwohner im Stadtteil Gadeland sind über die etwa 300 Besucher kaum überrascht. „Das ist fast jedes Jahr so“, sagt ein Passant. Ein Ehepaar, dass „mal gucken“ wollte, meint jedoch: „Dieses Jahr ist es schlimmer. Die laufen hier rum und schreien ‚Ausländer raus‘ und ‚Deutschland den Deutschen‘.“

Am Abend trafen viele Neonazis mit Großraumtaxis ein, selten im alten Szenelook –Glatze, Bomberjacke und Springerstiefel – doch mit unmissverständlichen Botschaften auf der Bekleidung: „Wir haben Männer mit Hakenkreuzen auf den Pullovern gesehen“, berichten Anwohner. Sie beobachten auch wie eine Gruppe an einem besetzten Polizeiwagen entlanglief und SA-verherrlichende Lieder sang.

Gleich aus dem Kofferraum heraus wurden Rechtsrock-CDs und Neonazi-Devotionalien verkauft. Seit 1996 führt Christiane Dolscheid den Club in der schleswig-holsteinischen Kleinstadt.Längst ist in der Stadt eine feste Neonazi-Szene entstanden. Tim Bartling, der den Club mit aufbaute, eröffnete vor längerem den Verein „Athletik Klub Ultra e.V.“, der auf dem Gewerbegebiet Wrangelstraße eigene Räume unterhält. „Die Besucherzahlen des Clubs sind rückläufig“, meint ein Sprecher des Verfassungsschutz (VS). „Stimmt“, sagt Sören Wallrot von der „Aktion Jugendzentrum“. Aber: „Die Szene ist gewachsen und wesentlich stärker in der Stadt sichtbar.“ Außerdem könnten die Rechten mittlerweile in einer weiteren Kneipe zusammen kommen.

In der Nacht zu Sonntag schallte bis 3 Uhr Gegröle aus dem Club. „Im Einsatzbericht sind keine besonderen Vorkommnisse vermerkt“, erklärt ein Polizeisprecher der taz. Die Besucherzahl habe wohl unter 200 gelegen.„Das kennen wir“, zweifelt Wallrot. Auch als zu einem Konzert zum sechsjährigen Bestehen über 600 Neonazis kamen habe die Polizei eine geringere Besucherzahl angegeben. „Im Verfassungsschutz-Bericht war später dann von 650 Personen die Rede.“ Neumünsters Verwaltung müsse handeln, „damit der Stadt der zehnte Geburtstag erspart bleibt.“ Andreas Speit