Lang ersehntes Selfiemit einem echten GI

PolenAnkunft von US-Soldaten wird mit Erleichterung aufgenommen. Kritikersind rar

„Wir haben langeauf euch gewartet, jahrzehntelang“

Antoni Macierewicz, Verteidigungsminister

BERLIN taz | Begrüßungsfeste von Gdingen bis Krakau, US-Fahnen und Selfies mit den GIs: Am vergangenen Wochenende trafen die ersten US-amerikanischen Soldaten in Polen ein. 3.500 werden es insgesamt und sie haben schweres Gerät dabei: zum Beispiel 87 Kampfpanzer und Haubitzen. Im Rahmen der Operation „Atlantic Resolve“ sollen sie die Ostflanke der Nato sichern – gegen eine mögliche russische Aggression.

Im westpolnischen Żagań, wo sich mehrere Truppenübungsplätze befinden, trat am Samstag Premierministerin Beata Szydło vor die Brigade aus Übersee. „Das Land heißt die Repräsentanten der großartigsten Armee der Welt willkommen“, sagte sie. Verteidigungsminister Antoni Macierewicz fügte hinzu: „Wir haben lange auf euch gewartet, jahrzehntelang.“

1993 zog die Rote Armee aus Polen ab, seitdem war eine Integration des Landes in westliche Kooperationsstrukturen das oberste Ziel seiner Außenpolitik. 1999 trat Polen der Nato bei. „Russland ist für uns eine reale Gefahr“, sagt dazu Bartosz Wieliński, Chef des Auslandsressorts der Gazeta Wyborcza, Polens größter Tageszeitung. „Mit bloßen Zusicherungen haben wir schlechte Erfahrungen gemacht, 1939 teilten Deutschland und die Sowjetunion uns einfach auf – und die Alliierten sahen zu“, so Wieliński. Deswegen sei es notwendig, US-Truppen im Land zu haben.

Das war trotz Polens Nato-Mitgliedschaft nicht der Fall. Lange diskutierten die Partner des Verteidigungsbündnisses über eine permanente Stationierung westlicher Verbände in Osteuropa. Aus Rücksicht auf russische Sicherheitsbedürfnisse wurde davon abgesehen – bis zur Annexion der Krim durch Russland 2014 und der Eskalation des Konflikts in der Ostukraine. Seitdem werden die Ängste der Polen wie auch der Balten vor einer Auseinandersetzung mit Russland in Brüssel und Washington ernst genommen.

Und Berlin? „Das dürfte in Russland als konkrete Kriegsvorbereitung wahrgenommen werden“, so die Linken-Fraktionschefin Sarah Wagenknecht. Auch Dietmar Woidke äußerte sich kritisch: „Es hilft uns nicht weiter“, sagte der brandenburgische Ministerpräsident.

„Was ein SPD-Mann sagt, ist das eine“, so Marek Świerczyński, Analyst und Sicherheitsexperte beim Warschauer Beratungsunternehmen „Polityka Insight“. Die meisten Entscheidungsträger in Deutschland sähen die Sache anders. 500 Soldaten der Bundeswehr werden am 19. Januar nach Litauen geschickt. Sie sind Teil der „Enhanced Forward Presence“ (EFP), einer Mission, an der sich im Baltikum weitere Nato-Länder beteiligen, etwa Großbritannien oder Kanada.Die US-Truppenverlegung ist eine der größten der Armee seit dem Ende des alten Ost-West-Konflikts. Beschlossen wurde sie auf dem Nato-Gipfel im vergangenen Juli in Warschau, was Vertreter der regierenden PiS-Partei (Recht und Gerechtigkeit) gerne betonen. Zwar können sie das als Erfolg verbuchen, aber alle anderen Parteien im Sejm, dem Unterhaus, stimmen der Präsenz von US-Truppen im Land zu. „In Sachen Sicherheitspolitik herrscht ein weitgehender Konsens“, sagt Berater Świerczyński. Selbst in der Gesellschaft seien es nur einige „Ultrapazifisten“, die protestieren würden.

Die US-Truppen rotieren nach neun Monaten. Ob es unter Donald Trump dabei bleibt, weiß keiner. Philipp Fritz

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