GEW fordert 20 Millionen mehr

BILDUNG Die GEW fordert eine Kurskorrektur nach dem Rücktritt der Bildungssenatorin. Die Grünen wollen angesichts der knappen Finanzen bei Ganztagsschul-Ausbau und Inklusion bremsen

„Anstrengend, aber nicht unmöglich umzusetzen“ seien die Beschlüsse der Koalition, sagen die Grünen. Für einen Rücktritt zehn Stunden danach gebe es „keinen Anlass“

„Bildungspolitischen Realitätsverlust“ wirft die GEW speziell den Bremer Grünen vor. Die Vereinbarungen des Koalitionsausschusses vom Sonntag, nach denen die Bildungssenatorin Renate Jürgens-Pieper (SPD) ihren Rücktritt ankündigte, „verhindern gute Lernmöglichkeiten“, heißt es in einem vom Gewerkschaftstag der GEW gestern beschlossenen Papier.

Erhöhung der realen Klassenfrequenzen und die Reduzierung der Kapazitäten für Schul- und Unterrichtsentwicklung würden weder die Qualität in den Schulen noch die Motivation der Lehrkräfte erhöhen. Wenn die Einrichtung neuer Ganztagsschulen verschoben würde, gehe das auf Kosten der Stadtteile mit „benachteiligenden Faktoren“. Wenn in einem Mitgliederrundbrief der Grünen damit argumentiert werde, dass im Hinblick auf die Schuldenbremse die „gute Bildung“ nur nach Maßgabe der „begrenzten Mittel“ gewährleistet werden könne, so zieht die GEW den Schluss daraus, dass die Akzeptanz der „Schuldenbremse“ falsch sei. 20 Millionen Euro mehr als im Haushalt bereitgestellt würden die von der Koalition beschlossenen bildungspolitischen Maßnahmen kosten, das hatte der Bremer Rechnungshof im Sommer vorgerechnet. Diese 20 Millionen für Bildung mehr fordert nun die GEW.

Jürgens-Pieper sei verantwortlich für das Bildungsdesaster, ihr Rücktritt sei eine Chance, die Politik zu verändern, sagt GEW-Sprecher Christian Gloede. Einverstanden ist er nur mit der Kürzung der Zuschüsse für Privatschulen.

Offenbar waren die konkreten Beschlüsse vom Sonntag für Jürgens-Pieper nur der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat. Dreimal hat sich der Koalitionsausschuss in den letzten Monaten getroffen, um stundenlang Details aus ihrem Ressorts zu beraten und festzuzurren. Bei keinem anderen Senatsressort regiert der Koalitionsausschuss so weit hinein – offenbar hat die Senatorin das als Zeichen fehlenden Vertrauens verstanden. Dass die Inklusion zwar gewollt, aber nicht im Haushalt finanziell abgesichert ist, hatte Jürgens-Pieper schon öfter gesagt – ohne Resonanz. Auf dem Bremer Unterbezirkssparteitag der SPD am Dienstag hat Bürgermeister Jens Böhrnsen angekündigt, dass im kommenden Haushalt mehr Geld für Bildung bereitgestellt werden soll. Vielleicht hätte es die Senatorin beruhigt, wenn er ihr das vorher einmal gesagt hätte.

In einem Mitgliederrundbrief zum Thema Bildungspolitik haben die Grünen-Vorsitzenden Hermann Kuhn und Henrike Müller noch einmal wiederholt, dass der „Koalitionsausschuss im Beisein und unter intensiver Mitwirkung der Bildungssenatorin“ beraten habe. Die Beschlüsse seien vielleicht „anstrengend, aber nicht unmöglich umzusetzen“. Von der Rücktrittserklärung zehn Stunden später sind sie offenbar überrascht worden – wie auch ihr eigenes Ressort.

Es sei auch eine „Korrektur in der Ausgestaltung der Inklusion beschlossen“ worden, heißt es in dem Mitglieder-Rundbrief der Grünen. „Die Erfahrungen mit verhaltensauffälligen Kindern in den Inklusionsklassen“ hätten gezeigt, dass besondere Einrichtungen für besondere Schulkinder weiterhin – „jedenfalls für den Übergang“ – noch gebraucht würden. Das betrifft Schulen wie an der Fritz-Gansberg-Straße „wie andere Förderzentren“. Dies bestätigt die Position von Jürgens-Pieper, die anfangs gesagt hatte, die Schulen sollten in einem längeren Prozess schrittweise die Inklusion einführen. Auf Druck der Grünen sollte sie dann den Prozess beschleunigen.

Die Grünen-Sprecher betonen in ihrem Brief, dass keine Zusagen „in irgendeiner Form“ für den für den Haushalt 2014/2015 gemacht werden könnten. Sie wussten da offenbar noch nicht, dass Böhrnsen wenige Stunden später den Genossen mehr sagen würde. kawe