Bericht: Halbbruder von Nordkoreas Diktator getötet

Schrecklich nette Familie Zwei Frauen sollen Kim Jong Nam mit Giftpfeilen ermordet haben

AUS SEOUL FABIAN KRETSCHMER

Der Bericht des südkoreanischen Fernsehsenders TV Chosun klingt wie ein James-Bond-Clip: Am Montagmorgen sollen zwei Frauen am Flughafen der malaysischen Hauptstadt Kuala Lumpur einen 45-jährigen Nordkoreaner mit Giftpfeilen beschossen haben, ehe sie in einem Taxi flüchteten. Während Details noch nicht zweifelsfrei bestätigt sind, steht mittlerweile fest: Das Opfer ist Kim Jong Nam, älterer Halbbruder von Nordkoreas Diktator Kim Jong Un.

„Seine Hinrichtung kommt überraschend. Abgeschnitten von der Führung in Pjöngjang, galt Kim Jong Nam schließlich nicht als Bedrohung für das Regime“, sagt der Nordkorea-Experte Benjamin R. Young, der gerade in Seoul forscht. Doch deutet die Tötung auf innere Unruhe im Führungszirkel in Pjöngjang. Schon am 3. Februar wurde der nordkoreanische Minister für Staatssicherheit, der als rechte Hand Kim Jong Uns gilt, wegen angeblicher Korruption entlassen.

Kim Jong Nam war der konfuzianischen Tradition entsprechend als ältester Sohn des Machthabers Kim Jong Il lange als dessen Thronfolger gehandelt worden. Bis er das Regime mit einem Fauxpas ins Lächerliche zog: 2001 wurde Kim Jong Nam dabei erwischt, wie er mit einem gefälschten Reisepass der Dominikanischen Republik in Tokio einreisen wollte. Der Grund: ein Familienausflug ins japanische Disneyland. Seitdem hat er sich mit seiner Familie überworfen und ein – von der chinesischen Regierung überwachtes – Exilleben in Saus und Braus geführt. Sein Hauptsitz soll Macau gewesen sein, wo er in Nachtclubs und Casinos verkehrte.

Weniger bekannt ist, dass sich Jong Nam auch öffentlich gegen Nordkoreas Regime äußerte. Die Erbmonarchie bezeichnete er als „großen Witz“, er sprach sich für eine wirtschaftliche Öffnung des Landes aus und prognostizierte, dass Nordkorea unter der Führung seines Bruder Kim Jong Un nicht lange überleben werde. Sein Sohn, der auf einer bosnischen Schule in Mostar unterrichtet wurde, ging gar noch einen Schritt weiter: Gegenüber einem finnischen TV-Sender prangerte er die Menschenrechtsverletzungen in Nordkorea an und sprach sich für eine Wiedervereinigung mit dem Süden aus.