Die leidige Klo-Frage

USA Donald Trump hat die von seinem Vorgänger Barack Obama angeordnete freie Toilettenwahl für Trans*Personen wieder rückgängig gemacht – ein Wunsch der radikalen rechten Basis

Aktivist*innen protestieren am Mittwochabend vor dem Weißen Haus Foto: Andrew Harnik/ap

aus New York Dorothea Hahn

Einen Monat nach Amtsantritt ist die Trump-Regierung im Klo angekommen: In einem gemeinsamen Memorandum hoben das Justiz- und das Erziehungsministerium am Mittwoch das Recht von Trans*-Jugendlichen auf die Benutzung einer Toilette ihrer Wahl wieder auf. Die neue Regierung in Washington betrachtet das erst 2016 eingeführte Bundesrecht, zum Schutz von Transgender- SchülerInnen und -StudentInnen als eine unzulässige Einmischung. Künftig sollen wieder die Schulbezirke und die Bundesstaaten entscheiden. Letztere sind zu mehr als zwei Dritteln republikanisch regiert.

Noch am Mittwochabend protestierten Jugendliche vor dem Weißen Haus gegen die Wegnahme des bis dato konkretesten Schutzes für Trans*-Personen. Zahlreiche Hollywood- und Mediengrößen veröffentlichten ihre Empörung per Tweet. Talkmasterin Ellen DeGeneres erklärte mit 140 Zeichen: „Hier geht es nicht um Politik, sondern um Menschenrechte.“ Am peinlichsten für Trump ist ein Tweet von Jackie Evancho. Die 16-Jährige hatte bei seiner Inauguration am 20. Januar, als zahlreiche andere Stars seine Einladung abgelehnt hatten, die Na­tio­nal­hymne am Fuß des Capitols gesungen. Ihre ältere Schwester, die vor zwei Jahren ihr Coming-out als Transgender hatte, war der Zeremonie fern geblieben. Am Mittwochabend tweetete Evancho, sie sei „enttäuscht“ und schlug Trump ein Treffen mit ihr und ihrer Schwester vor.

Die freie Toilettenwahl, je nach Geschlechteridentität, war Ende des Jahres nach monatelanger Debatte auf Bundesebene eingeführt worden. Den Anstoß gab der Bundesstaat North Carolina, wo im März das Parlament entschied, dass Jugendliche die Toilette ihres biologischen Geschlechts benutzen müssten. Die Entscheidung führte zu Aufregung auf beiden Seiten. Städte und Schulbezirke stimmten über Resolutio­nen zur Klo-Frage ab. Die Progressiveren unter ihnen führten die freie Toilettenwahl ein, die Konservativen beschworen alle möglichen erfundenen Gefahren herauf. Darunter angebliche Überfälle auf Mädchentoi­let­ten durch Trans*-Personen. Ein knappes Dutzend Bundesstaaten zog gegen das Bundesrecht vor Gericht.

Justizminister Jeff Sessions wollte das Memorandum unbedingt haben

Als Kandidat gab sich Trump in der Toiletten-Frage noch liberal. Im April versicherte er auf NBC, dass er für die freie Toi­let­tenwahl eintrete. Die Demo­kra­tInnen stürzten sich in der Hochphase des Präsidentschaftswahlkampfs mit so viel Wucht in die Toilettenfrage, dass es zeitweise schien, sie wäre das wichtigste Thema – weit vor den sozialen und ökonomischen Ungleichheiten im Lande. Die Genese des Memorandums vom Mittwoch, das das kurzlebige Bundesrecht wieder abschafft, zeigt, dass sich in Trumps Regierung die gesellschaftlich konservativsten Kräfte und die Wünsche der radikalen rechten Basis durchgesetzt haben.

Der Mann, der das Memorandum unbedingt haben wollte, ist Justizminister Jeff Sessions. Schon in seinen früheren Posi­tio­nen im Südstaat Alabama war er durch besondere Intoleranz gegenüber Minderheiten, damals insbesondere AfroamerikanerInnen aufgefallen. In der neuen Regierung hat er die Bildungsministerin Betsy DeVos, die sich nach Recherchen der New York Times zunächst gegen das Memorandum gesperrt hat, auf seine Seite gezwungen. Trump persönlich soll DeVos klargemacht haben, dass sie keine andere Wahl habe.