Jukebox

Der Glanz der Neunzigerjahre

Das macht schon was her, wenn man seine Soloalben und Touren mit dem Etikett „Ex-Pulp-Gitarrist“ versehen kann. Mehr jedenfalls als „Studiomusiker und Tourbegleiter von Nancy Sinatra“. Da stört es auch gar nicht, dass Richard Hawley, der am Montag im Magnet Club auftritt, erst spät zu Pulp gestoßen ist: 1997 zu den Aufnahmen von „This Is Hardcore“, dem Album, das die aus Sheffield stammenden Pulp ins große Popstardome hieven oder wenigstens größer als Blur und Oasis machen sollte.

In der Rückschau war das Album aber doch eher der Anfang vom Wald-und-Wiesen-und-das Leben-lieben-Ende 2001/2002, nicht ganz zufällig nachdem die Twin Towers in Flammen aufgegangen waren. Die Lockerheit war weg, der Glam hatte auf einmal tatsächlich was von Hardcore, die zappelige Las-Vegas-Showmann-Schaffe bekam etwas Schweres und Schwitziges.

Man muss „This Is Hardcore“ nur einmal im Vergleich mit dem 94er-Album „His ’n’ Hers“ hören, das für Pulp damals nach langen acht Jahren im untersten britischen Underground den Durchbruch bedeutete. Wie zart das alles klang, etwa in Songs wie „Acrylic Afternoon“ und „Do You Remember The First Time?“, wie verhalten! Und wie sich dieses Zarte und Verhaltende in so eine Art melancholisches Jubilieren auflöste! Dann das Sehnsüchtige in „Have You Seen Her Lately“, der großartige Hit „Babies“ (Yeah, yeahyeahyeahyeah!), ja das Gespannt-erwartungsvoll-Synthetische in fast allen Songs.

Sie enthielten die Vorfreude auf das, was da alles noch kommen sollte. Es waren eben nicht die Achtzigerjahre, in denen der Spaß am größten war, sondern die genussvoll-eklektizistischen Neunzigerjahre, die dann so brutal zu Ende gehen sollten. Pulp lieferten mit „His ’n’ Hers (und natürlich mit „Different Class“) den Soundtrack für diese Zeit, und auch Richard Hawley zehrt davon noch heute, wenn er seine spröde-schmachtenden Songs zum besten gibt. GERRIT BARTELS