Kirchen an der Kasse privilegiert

Kommentar

von Claudius Prößer

Senat bezuschusst den Kirchentag

Komisch eigentlich: Menschen, die einer Religion anhängen, sind in Berlin klar in der Minderheit. Die Stadt wird von einer linken Koalition, die Mentalität ihrer ­BewohnerInnen von libertären Ideen regiert. Trotzdem gibt es kaum Kritik an der Privilegierung religiöser Vereinigungen, namentlich der beiden christlichen Großkirchen.

Vermutlich liegt es genau daran, dass inzwischen jeglicher gesellschaftliche Druck fehlt. In Bayern etwa, wo noch richtig Ärger bekommt, wer an einem Karfreitag die Musik aufdreht, sind auch säkulare Organisationen deutlich stärker als hier in Berlin.

Aber wenn der Senat einem Kirchenevent Mittel zubuttert, von denen viele andere Kulturträger nur träumen können, wenn in Form der sogenannten Staatsleistungen Jahr für Jahr Millionen an die Kirchen fließen, weil die vor zweihundert Jahren vom Staat um ihren Großgrundbesitz gebracht wurden, stört das kaum jemanden. Zumal der grundgesetzliche Auftrag, die von fast allen Bundesländern gezahlten Staatsleistungen endlich abzulösen, von der Politik knallhart ignoriert wird.

Diese – die Politik – versteht sich einfach zu gut mit den Kirchenleuten. Viele von denen sind ja auch richtig nett, und man selbst ist (wenn man beispielsweise Michael Müller heißt) gleichfalls Vereinsmitglied und hat überhaupt keinen Grund, schlechte Stimmung zu verbreiten.

Immerhin gibt es ein paar Versprengte wie die Säkularen Grünen, die regelmäßig daran erinnern, dass gerade für Tendenzbetriebe wie Kirchen Subsidiarität gelten sollte, also das Prinzip, nach dem eine gesellschaftliche Gruppierung ihre eigenen Angelegenheiten erst einmal selbst finanziert – wenn sie es kann. Die Kirchen können es.

Dass das säkulare Berlin sich so gar nicht aus der Ruhe bringen lässt, stimmt übrigens doch nicht ganz: Das Scheitern des Volksentscheids Pro Reli im Jahr 2009 hat es bewiesen.

Ob es auf diesem Wege den Kirchen auch einmal an die Pfründen gehen könnte? Weiß der Himmel.