Stadtgespräch
: Maher und Mubarak

Der ExDiktator Husni Mubarak ist frei. Sein früherer Gegner Ahmed Maher auch. Aber gleich sind sie nicht

Karim El-Gawhary aus Kairo

Es gibt in Ägypten zwei sehr unterschiedliche Arten, in Haft zu sitzen und daraus wieder freizukommen. Da ist der ehemalige Diktator Husni Mubarak, der den größten Teil seiner Haftzeit in einem Militärkrankenhaus im Süden Kairos verbracht hat. Und da ist Ahmed Maher, der einst gegen Mubarak auf dem Tahrirplatz demons­triert hatte. Maher war nach der Übernahme der Macht durch das Militär 2013 zu drei Jahren Haft verurteilt worden, weil er erneut demonstriert hatte. Später erhielt er noch einmal sechs Monate dazu, „für verbalen Widerstand gegen die Staatsgewalt“, weil er einen Polizisten aufgefordert hatte, ihm im Berufungsverfahren die Handschellen abzunehmen.

Mubarak und Maher sind heute offiziell frei. Das Kassa­tionsgericht hatte Mubarak Anfang dieses Monats von dem Vorwurf freigesprochen, die Ermordung der 800 Demonstranten befohlen zu haben, die 2011 während des Aufstands umgekommen waren. Es gab nicht genug Beweismittel, um die damalige Befehlskette nachzuweisen. Die Telefonprotokolle sind verschwunden. Vielleicht auch kein Wunder, wenn der Sicherheitsapparat, der hier untersucht werden sollte, der gleiche ist, der die Beweismittel vorlegen und sichern sollte. Anschließend hatte die Staatsanwaltschaft so schlampig gearbeitet, dass von der Anklage gegen Mubarak nicht mehr viel übrig blieb. Bis heute wurde niemand für den Mord an 800 Menschen zur Rechenschaft gezogen. In diesen Tagen soll Mubarak das Militärkrankenhaus verlassen.

Auch Maher war im Januar auf freien Fuß gesetzt worden, weil er seine Haftzeit abgesessen hatte. Anders als der Diktator hat er diese auch tatsächlich im Gefängnis verbracht, in der Tora-Haftanstalt, meist in Isolationshaft, kaum vier Kilometer Luftlinie entfernt von Mubaraks Luxuseinzelzimmer im Militärkrankenhaus.

Mubarak wird aller Wahrscheinlichkeit nach in dieselbe Villa ziehen, in der er als Präsident und Vizepräsident seit 1979 gewohnt hatte und die seine Frau Suzanne Mubarak gerade für seine Rückkehr vorbereitet. Das Gebäude war 2002 auf sehr dubiose Weise an Suzanne Mubarak verkauft worden. Der kleine Palast war von der Staatskasse dem Geheimdienst überschrieben worden, der ihn dann an eine Immobilienfirma verkaufte, die sich ebenfalls unter Kon­trolle des Geheimdienstes befand. Diese verkaufte die Villa dann an Suzanne Mubarak. Nachdem diese sich im Mai 2012 wegen Veruntreuung von Staatsgeldern für vier Tage in Untersuchungshaft befand, wurde sie schließlich unter Auflagen freigelassen – da­runter auch der, dass sie die Villa an den Staat zurückverkauft.

Und auch was die Einrichtung der Villa angeht, ist es nicht mit rechten Dingen zugegangen. In einem der vielen Verfahren gegen ihn waren Mubarak und seine beiden Söhne im Januar 2016 schuldig gesprochen worden, umgerechnet 13 Millionen Euro an Staatsgelder veruntreut zu haben, um ihre Residenzen zu renovieren. Die drei Jahre Freiheitsstrafe hat Mubarak mit der Untersuchungshaft abgesessen.

Nominell ist Maher heute so frei wie Mubarak. Aber wohl aus Angst, er könnte noch einmal seine alten Tahrir-Netzwerke mobilisieren, hat man sich für ihn eine besonders perfide Schikane ausgedacht. Jeden Abend um sechs Uhr muss er sich die nächsten drei Jahre für eine „Bewährungszeit“ in einer Polizeiwache im Osten Kairos melden, wo er dann bis zum folgenden Morgen um sechs Uhr übernachten muss. Er darf die Wache nicht verlassen, keinen Besuch empfangen, nur mit den Polizisten sprechen und keine elek­tronischen Geräte dabeihaben. Damit soll sichergestellt werden, dass er sich von neuerlichen politischen Aktivitäten fernhält. Tritt er in der Wache mit mehr als 15 Minuten Verspätung an, droht ihm erneut Gefängnis.

Für den Mann, gegen den Maher einst mit seinen Freunden auf dem Tahrirplatz stand, gelten auch zwei Einschränkungen. Mubarak darf das Land nicht verlassen, weil noch eine weitere Untersuchung läuft, wie er zu seinem Reichtum gekommen ist. Die zweite Einschränkung betrifft ihn nicht mehr: Er bekommt kein Staatsbegräbnis.