Pop und Lärm

Bühnenabstinenz beendet: Die „Geisterfahrer“ kommen wieder. Bandgründer Matthias Schuster erinnert sich an alte Zeiten

„Ich sympathisiere auch mit hartem Gitarrenlärm“

Interview: Michele Avantario

Die Geisterfahrer zählten Ende der Siebziger zu den ersten Hamburger Bands, die die „Neue Deutsche Welle“ einleiteten. Im Laufe der 80er Jahre machten sie sich auch international einen Namen als Godfathers of German Gothic. Nach einer 15-jährigen Bühnenpause meldet sich die Gruppe jetzt zurück. Wir sprachen mit dem Bandgründer Matthias Schuster.

taz hamburg: Euer letzter Auftritt fand 1990 statt. Was ist in der Zwischenzeit bei den Geisterfahrern passiert?

Matthias Schuster: Ab 1990 habe ich die Band zusammen mit Jürgen Weiß weiter geführt. Aber das war elektronische Musik, ohne Gesang und zum Teil atonal. Ein völlig anderer Sound, aber im Geist der Geisterfahrer. Mit Bal Paré habe ich nebenbei noch chanson-hafte Musik gemacht, mit der ich in Frankreich und Schweden relativ erfolgreich war. 1996 bin ich mit meinem Studio umgezogen und habe mein aktuelles Projekt Das Institut gestartet. Das läuft zur Zeit recht gut. Dieses Jahr sind ein paar Platten erschienen, für weitere gibt es bereits Angebote.

Warum haben sich die Geisterfahrer damals quasi aufgelöst?

Geisterfahrer wurden im Laufe der Zeit immer mehr zu einer normalen Rockband. Wir haben damals jeden Freitag geprobt. Unsere Musik wurde dann irgendwann rituell, aber nicht besser. Unsere letzte Platte klang fast wie U2, die nächste hätte womöglich an die Stones erinnert. Danach wären wir mit anderen Vollverstaubten im „Rockpalast“ gelandet.

Und das hätte nicht eurer Philosophie entsprochen.

Die Geisterfahrer-Idee entsprang ja 1979 einem gewissen Punk-Geist. Ich konnte gerade zwei Akkorde auf der Gitarre spielen und wollte sofort beim „In die Zukunft“-Festival in der Markthalle mitwirken. Also habe ich mir schnell eine Band zusammengesucht, ohne zu wissen, was wir dort eigentlich aufführen wollten. Es gab keine Probe, nur eine Besprechung. Und der Bandname stand erst drei Tage vor dem Konzert fest.

Dieser Auftritt gilt heute als legendär.

Wie gut oder schlecht der war, darüber kann man sich streiten. Die anwesenden Punks haben sich von uns jedenfalls provoziert gefühlt. Wir wurden mit Flaschen beworfen, und am Ende hat jemand den Stecker gezogen. Heute würde man in so einer Situation einfach rausgehen und eine Zigarette rauchen. Aber damals sind die echt handgreiflich geworden. Insofern war ich ganz froh, als das Licht ausging.

Anlass eures Auftritts ist das Erscheinen des Best-Of-Albums Geisterfahrer 1979–1989 ? Steht uns live auch eine Best-Of-Revue bevor?

Bei der Compilation ging es um „Hits“. Live kann alles Mögliche passieren. Es ist jedenfalls keine eingespielte Band, die zurückkommt. Vielleicht spielen wir Stücke von unseren Alben, aber wer weiß, ob die wiederzuerkennen sind. Ich sympathisiere auch mit hartem Gitarrenlärm.

Du trittst am selben Abend mit Das Institut auf. Was ist da zu erwarten?

Das ist schon eher Pop-Musik, mit Sampler und Gesang von meiner Partnerin Trautonia Capra. Ich verfolge immer unterschiedliche Stränge gleichzeitig. Immer nur Pop oder immer nur Krach zu machen – das würde mich schnell langweilen.

„Geisterfahrer“ und „Das Institut“: Do, 20. 9., 21 Uhr, Hafenklang