Athen darf weiterzittern

EUROKRISE Weil Deutschland kein zusätzliches Geld ausgeben will, endet die Sitzung der EU-Finanzminister ohne Einigung. Griechen sind empört über die Verzögerung

Juncker nennt die Gespräche „extensiv“ – das heißt, es hat heftig gekracht

AUS BRÜSSEL ERIC BONSE

Es war mal wieder eine lange Nacht in Brüssel – und eine frustrierende: Nach zwölf Stunden ging die Krisensitzung, in der die Finanzminister der Eurogruppe zusammen mit IWF-Chefin Christine Lagarde im zweiten Anlauf neue Hilfen für Griechenland beschließen wollten, gegen fünf Uhr am Mittwochmorgen zu Ende, und zwar ohne greifbares Ergebnis.

Es seien noch einige „technische Details“ zu klären, hieß es lapidar. Doch in Wahrheit hat es wohl ganz schön heftig gekracht in Brüssel. Die Gespräche seien „extensiv gewesen“, sagte Eurogruppenchef Jean-Claude Juncker. Im Diplomatenjargon bedeutet dies: Es gab Zoff.

Die Minister stritten nicht nur über den Schuldenschnitt für Griechenland, den der Internationale Währungsfonds (IWF) fordert. Sie konnten sich nicht einmal auf eine simple Erklärung einigen, dass Athen nun endlich die seit Wochen fälligen Hilfskredite bekommt. Das hatte Frankreich gefordert – doch Deutschland mauerte.

Bis zum Abbruch der Verhandlungen hatten mehrere Optionen auf dem Tisch gelegen. Die Europäische Zentralbank hat Verhandlungskreisen zufolge die Möglichkeit angesprochen, das bis zu neun Milliarden Euro über kurz laufende Staatspapiere, sogenannte T-Bills, aufgebracht werden könnten. Im Gespräch waren auch Zinsverbilligungen für Kredite an Athen – doch dies lehnte Deutschland ab. Alternativ wird ein Rückkauf von griechischen Staatsanleihen zu einem günstigeren Kurs erwogen. Dafür könnte Griechenland 10 Milliarden zusätzlich aus dem Rettungsschirm EFSF bekommen, was für Deutschland eine Kreditgarantie von 2,7 Milliarden Euro bedeuten würde, hieß es am Mittwoch aus der CDU.

Bis zum kommenden Montag müssen die Euroretter nun gleich mehrere Rechenaufgaben lösen, für die es womöglich keinen gemeinsamen Nenner gibt. Sie müssen die Mehrkosten finanzieren, die sich aus der beschlossenen Verlängerung der Sparvorgaben um zwei Jahre ergibt. Die Finanzierungslücke bis 2016 beträgt laut Troika-Bericht 32,6 Milliarden Euro. Dann müssen sie die Schuldenquote drücken – von derzeit rund 180 Prozent auf 120 Prozent der Wirtschaftskraft, und das möglichst schon bis 2020, und das alles, ohne frisches Geld in die Hand zu nehmen. Das fordern neben Schäuble noch mehrere andere Länder, etwa Österreich. Und den deutschen Bundeshaushalt darf die ganze Aktion auch nicht belasten – mit ein Grund, warum die Krisensitzung morgens gegen fünf unterbrochen wurde. Man könne so früh am Morgen einfach nicht mehr gut rechnen, gab Juncker zu Protokoll.

Der griechische Ministerpräsident Antonis Samaras reagierte verärgert auf die Hängepartie und forderte Solidarität mit seinen Landsleuten ein, die trotz des harten Sparprogramms weiter hinter dem Euro stehen. Es dürfe keine Verzögerungen mehr geben, sagte Samaras. „Griechenland hat eingehalten, wozu es sich verpflichtet hat.“

(mit Reuters)

Inland SEITE 8, Kommentar SEITE 1