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: Eigentlich ganz erfolgreich bei der Suche nach dem richtigen Rhythmusgefühl

FUSSBALLTurbine Potsdam holpert sich mit einem 1:0 gegen Hoffenheim zur Tabellenführung zurück und darf weiter von der Meisterschaft träumen.

Das mit dem Rhythmus ist im Fußball so eine Sache. Ein ziemlich nebulöses Wort, mehr im Klavierunterricht als im Sport zu Hause, und eigentlich ja völlig nichtssagend: Wenn der Rhythmus fehlt, woran fehlt es dann? Am Passspiel, an einer passablen zweiten Stürmerin oder irgendwas im Kopf?

Turbine-Coach Matthias Ru­dolph, normalerweise ein Freund präziser Begründungen, fand sich am Sonntag nach dem knappen 1:0-Sieg gegen Hoffenheim jedenfalls beim semi-esoterischen Taktgefühl wieder. „Wir haben noch keinen richtigen Rhythmus gefunden“, sagte Rudolph da.

Man sucht Erklärungen in Potsdam. Nicht nur für das Spiel, sondern gleich für den ganzen Auftakt der Rückrunde, die für Turbine Potsdam bislang nicht allzu schlecht läuft, aber auch nicht allzu überragend: ein mühsames Unentschieden gegen Frankfurt, ein Arbeitssieg am Sonntag gegen Hoffenheim.

Der komfortable Hinrundenvorsprung auf die Verfolgerinnen aus Wolfsburg und München ist geschmolzen, das Spiel holpriger. Enttäuschen tut das in Potsdam niemanden, dafür waren die Erwartungen zu niedrig und war der Aufstieg zu steil: Mit der überragenden Hinrunde ist die Saison jetzt schon ein Erfolg. Rudolph hat aus einem kriselnden Traditionsclub ein frei und fröhlich aufspielendes Spitzenteam geformt; alles, was als Tabellenplatz noch draufkommt, wäre ein Bonus. Aber liegen lassen will er den Bonus dann doch nicht. Im Optimalfall hieße er Meisterschaft.

Es fehlt der Takt, befand Rudolph also. Was in der Hinrunde noch so mühelos lief, hakte zuletzt. Rudolph wäre nicht er selbst, wenn er dann nicht doch noch eine nerdige Fehleranalyse nachgeschoben hätte: das schlechte Zusammenspiel, die technischen Ungenauigkeiten, die, Zitat Rudolph, „suboptimalen Standards“. Und: „Wir haben ein bisschen unser eigenes Spiel kaputt gespielt.“

Wenn die einzig sehenswerte Szene eines Spiels ein Tor ist, lässt das tatsächlich nichts Gutesvon dem Spiel ahnen. Nun gab es beim Heimspiel vom Nicht-mehr-und-jetzt-doch-wieder-Tabellenführer Turbine Potsdam gegen Hoffenheim zur Aufmunterung bei winterlichen Temperaturen auch noch eine zweite sehenswerte Szene, einen Lattentreffer der Gastgeberinnen. Das war es dann. Am Ende stand ein 1:0 für Turbine, das im schmuddeligen Kostüm eines 0:0 auftrat: umkämpft, ruppig, voll von Fehlpässen und ohne große Ideen.

„Es war ein zerfahrenes Spiel“, sagte Gästetrainer Jürgen Ehrmann hinterher verschmitzt. Das unansehnliche Gekicke dürfte recht genau seinem Plan entsprochen haben. Die klügste Idee hatten die Hoffenheimerinnen, indem sie den technisch versierten Favoritinnen die wichtige Schaltzentrale im Mittelfeld zuschnürten und zwei Halbzeiten lang mit Gegenpressing den Spaß verdarben.

Aus dem Hoffenheimer Korsett konnte sich Turbine zu selten befreien. Je länger das dauerte, desto ungestümer und unpräziser die Versuche. Am Ende durften sich die Potsdamerinnen einigermaßen überrascht erinnern, dass da irgendwann in der ersten Halbzeit durch Kapitänin Lia Wälti das 1:0 gefallen war und sie in der Folge dieses Spiel tatsächlich gewonnen hatten. „Wir sind glücklich, dass es 1:0 ausgegangen ist“, sagte Rudolph und grinste dann doch ein bisschen. Was spielerisch nicht reichte, hatte das Glück gerichtet. Seine durch Verletzungen ausgedünnte Mannschaft darf sich also weiter gute Aussichten im Dreikampf um die Meisterschaft machen.

Die wird, wenn es weiter so eng bleibt, wohl erst im Mai entschieden: In der vorletzten Heimpartie spielt Turbine gegen die bis auf zwei Punkte herangerückten Wolfsburgerinnen, zum letzten Heimspiel kommen die aktuell drei Punkte zurückliegenden Münchnerinnen. Ein Spielplan, wie gemalt für ein großes Drama. Alina Schwermer