heute in hamburg
: „Vom Rad gefallen“

Podium Uwe Trömer erzählt, wie ihn das Doping im Spitzensport arbeitsunfähig machte

Uwe Trömer

Foto: privat

55, war bis 1984 als Bahnradsportler in der Nationalmannschaft der DDR aktiv. Er kommt aus Erfurt und lebt heute in Berlin.

taz: Herr Trömer, was heißt es, anerkanntes Doping-Opfer zu sein?

Uwe Trömer: Im Radsport wurde zu meiner aktiven Zeit sehr intensiv mit leistungssteigernden Mitteln gearbeitet. Die wurden auch bei mir injiziert und das Resultat war nach einer Spritzkur von etwa vier Wochen, dass ich beidseitiges Nierenversagen bekam. Man hat mich dann im Trainingslager gelassen, bis kein Nachweis mehr möglich war und riskiert, dass ich daran sterbe. Mit dem Begriff habe ich allerdings Probleme, ich bin Doping-Geschädigter.

Wussten Sie von Anfang an, dass Sie unerlaubte Mittel genommen haben?

1983 wurden wir zum ersten Mal gespritzt und als uns das mitgeteilt wurde, haben wir eigentlich alle gesagt: „Ne, das Spritzen machen wir nicht mit.“ Da schwante uns, dass da irgendwas nicht mehr sauber zugeht. Davor haben wir so viele Pillen bekommen, die immer als Vitamine ausgewiesen waren. Da haben wir nicht so genau nachgefragt. Ich war mir aber sicher, dass das kein Doping ist.

Haben Sie sich gegen die Spritzen geweigert?

Ja, das haben wir, aber in der Situation wurde uns dann gesagt: „Wenn ihr das nicht macht, könnt ihr gehen. Dann seid ihr raus aus dem Sport.“

War es eine Option für Sie, aufzuhören?

Ich habe das erstmal mit großem Widerwillen über mich ergehen lassen. Wir haben versucht, beim Nationalmannschaftsarzt herauszufinden, was er uns da spritzt, aber das hat er uns natürlich nicht gesagt.

Wie lange haben Sie das mitgemacht?

Ich konnte nach etwa drei Wochen schlagartig nicht mehr Rad fahren und bin bei einer Trainingseinheit vom Rad gefallen. Danach bin ich aus gesundheitlichen Gründen nicht wieder gefahren.

Wann haben Sie angefangen, sich wieder mit dem Thema auseinanderzusetzen?

Schon zu DDR-Zeiten habe ich versucht, dem DDR-Radsportverband Stress zu machen und eine Entschädigung oder eine Rente gefordert. Ich habe im Rahmen der Gesamtentschädigung die lächerliche Summe von 15.000 Euro bekommen und das war’s dann bis heute. Ich bin seit zehn Jahren dauerhaft krank geschrieben und das wird sich auch nie wieder ändern.

Interview Milena Pieper

Podiumsdiskussion „Doping im Spitzensport in Deutschland“: 18 Uhr im Kirchhofsaal der Patriotischen Gesellschaft, Trostbrücke 4