Anschlag in London

Islamisten wollen für das Attentat mit vier Toten in der britischen Hauptstadt verantwortlich sein. Die Londoner bleiben gelassen

„Millionenfache Normalität“

Einzeltat Der Attentäter von London war gebürtiger Engländer, mutmaßlich von islamistischer Ideologie inspiriert. Premier May und die Queen danken Polizei

Unter Churchills Blick: Forensiker am Tatort Foto: Kirsty Wigglesworth/ap

Von Ralf Sotscheck

BERLIN taz | Khalid Masood, 52, geboren im englischen Kent, war eine Randfigur. Der Attentäter von London sei „vor einigen Jahren“ ins Visier des Geheimdiensts MI5 geraten, weil man ihn des „gewalttätigen Extremismus“ verdächtigte. Konkrete Erkenntnisse lagen in letzter Zeit nicht vor, sagte die britische Premierministerin Theresa May gestern im Unterhaus. Man gehe davon aus, dass er von der „islamistischen Ideologie inspiriert“ worden sei, sagte May.

Masood war am Mittwoch kurz vor 15 Uhr Ortszeit mit einem Mietwagen in eine Menschenmenge auf der Westminster-Brücke gefahren und hatte dabei zwei Menschen getötet – eine 43 Jahre alte Frau und einen etwa 50-Jährigen US-Touristen. 29 Menschen wurden verletzt, darunter drei französische Kinder und ein Deutscher. Eine Rumänin sprang in Panik von der Brücke in die Themse. Dabei erlitt sie schwere Verletzungen.

Der Täter versuchte daraufhin ins Parlamentsgebäude zu gelangen. Dabei erstach er den unbewaffneten Polizisten Keith Palmer. Ein bewaffneter Kollege erschoss den Terroristen schließlich 20 Meter vor dem Parlamentseingang. Es handle sich um einen Einzeltäter, sagte May. Folgeanschläge seien zurzeit nicht zu befürchten.

Seit Juni 2013 haben die Sicherheitskräfte 13 terroristische Anschläge in Großbritannien vereitelt. May sagte, es sei den engagierten Polizisten vor dem Parlamentsgebäude zu verdanken, dass Schlimmeres verhindert wurde.

Königin Elisabeth sollte eigentlich am Donnerstag Vormittag das neue Gebäude von Scotland Yard eröffnen, doch die Zeremonie wurde verschoben. Sie dankte der Polizei für ihren beherzten Einsatz nach dem Attentat.

Die frühere Nordirland-Ministerin Theresa Villiers verlangte, dass sämtliche Polizisten künftig bewaffnet werden. May entgegnete, das sei Sache der Polizei. Sie fügte hinzu, dass die Zahl der Polizeipatrouillen in britischen Städten erhöht werde. Ansonsten sei die beste Antwort auf den Terrorismus, „millionenfach Normalität zu leben“. Dann können die Feinde nicht gewinnen, weil das zeige, dass „wir nie aufgeben werden“.

Das Auto, ein Hyundai i40, ist in Birmingham angemietet worden. Ein Angestellter der Mietwagenfirma hatte im Fernsehen das Nummernschild erkannt. Die Polizei durchsuchte sechs Häuser in London und Birmingham und verhaftete acht Personen.

„Gelebte Normalität ist die beste Antwort auf den Terrorismus“

Premierministerin Theresa May

Die in Schottland regierende SNP wollte sich eigentlich am Mittwochabend vom Regionalparlament in Edinburgh die Genehmigung für ein erneutes Referendum zu Schottlands Unabhängigkeit abholen, verschob die Abstimmung aber wegen der Ereignisse in London. Der formale Antrag zum Austritt aus der EU am kommenden Mittwoch werde jedoch nicht verschoben, erklärte Premierministerin Theresa May.

Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte: „Im Kampf gegen jede Form von Terrorismus stehen wir fest und entschlossen an der Seite Großbritanniens. Ich denke in diesen Stunden in Anteilnahme und Solidarität an unsere britischen Freunde und an alle Menschen in London.“ US-Präsident Donald Trump hat Theresa May telefonisch seine volle Unterstützung zugesagt, um die Verantwortlichen vor Gericht zu bringen.

Dominic Grieve, der Vorsitzende des Geheimdienst- und Sicherheitsausschusses im Unterhaus, sagte, es sei ein Wunder, dass Großbritannien in den vergangenen Jahren von den meisten Terrorangriffen verschont geblieben sei. Man müsse aber akzeptieren, dass solche Angriffe nicht immer verhindert werden können.