Flüchtlinge aus Italien und Griechenland: Nein danke!

ÖsterreichDie Regierung will die Aufnahmequote der EU nicht erfüllen. Grüne: Verheerendes Signal

Auf Österreich entfallen 1.491 Asylwerber aus Griechenland und 462 aus Italien

WIEN taz | Österreich will keine Flüchtlinge aus Italien und Griechenland aufnehmen. Das beschlossen die Koalitionspartner SPÖ und ÖVP am Dienstag im Ministerrat. Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) wurde beauftragt, in Brüssel eine entsprechende Ausnahme zu erwirken. Andernfalls solle Österreich das sogenannte Relocation Programm aufkündigen.

Als sei man bereits im Wahlkampf, lassen SPÖ und ÖVP keine Gelegenheit aus, einander Unfreundlichkeiten auszurichten. Selbst wenn sie im Grunde einer Meinung sind. So in der Frage der Aufnahme von Flüchtlingen. Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) hatte am Montag erklärt, er werde auf Anweisung des Bundeskanzlers die Aufnahme von 50 unbegleiteten Flüchtlingen aus Italien vorbereiten. Er sei damit nicht einverstanden, aber Österreich müsse das umsetzen.

Dem widersprach Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil, der in der SPÖ für die Position „Schotten dicht“ steht. Österreich sei „eines der am stärksten belasteten Länder“ und habe pro Kopf mehr Asylsuchende aufgenommen als Italien. Deswegen ist er „der Meinung, dass Österreich einen ausreichenden humanitären Beitrag geleistet hat“.

Auf Österreich entfallen nach den vereinbarten Quoten 1.491 Asylwerber aus Griechenland und 462 aus Italien. So viele kommen durchschnittlich in einem Monat über die Grenzen. Dank der Vorleistungen durch die Aufnahme von Flüchtlingen 2015 erwirkte Österreich einen Aufschub bis 11. März 2017. Das Land findet sich damit in bester Gesellschaft von Polen und Ungarn, die ebenfalls null Flüchtlinge übernommen haben, das Abkommen aber ignorieren. Deutschland hat von 7.250 zugesagten Flüchtlingen erst 3.093 aufgenommen und müsste weitere 24.443 ins Land lassen.

Kanzler Kern macht das Innenministerium verantwortlich, nicht rechtzeitig eine Verlängerung der Ausnahmeregelung beantragt zu haben. Innenminister Sobotka sprach von einer „Unterstellung“, die „falsch“ sei. ÖVP-Fraktionschef Reinhold Lopatka ätzte, der Kanzler sei wieder umgefallen, „aber in die richtige Richtung“. Anders sieht es Ulrike Lunacek, grüne Vizepräsidentin des EU-Parlaments auf Anfrage der taz. „Die österreichische Regierung sendet damit ein verheerendes Signal der Entsolidarisierung und versucht auf dem Rücken von minderjährigen Flüchtlingen ein Exempel der Unmenschlichkeit durchzusetzen“.

Ralf Leonhard