heute in Bremen
: „Das ist echt mies!“

NOVELLE Verursacht Probleme: dasneue Arbeitnehmerüberlassungsgesetz

Barbara Schüll

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58, Vorsitzende des 2016 gewählten ersten Betriebsrats von Stadtteilschule e. V., seit 15 Jahren für Vorkurse Deutsch an Grundschulen zuständig

taz: Frau Schüll, mit dem Monat endet heute das alte Arbeitnehmerüberlassungsgesetz. Warum ist das neue problematisch?

Barbara Schüll: Die neuen Regeln sind gut, sie verursachen aber Probleme: Diejenigen, die bei uns unbefristet angestellt sind, dürfen dann noch exakt 18 Monate für die Bildungsbehörde arbeiten. Dann ist Schluss – wenigstens für die nächsten drei Jahre.

Aber die Frist soll ja doch dafür sorgen, dass Arbeitgeber, wie in Ihrem Fall die Behörde, reguläre Stellen schaffen ?

Ja, aber genau das geschieht bislang nicht: Es wird eine Ausschreibung geben, auf die wir uns zum Sommer bewerben können. Wir möchten eine Teil- Betriebsübernahme, also für alle, die für Bildung arbeiten.

Wie viele sind das?

Gute Frage: Der Verein Stadtteilschule, der seine Arbeitskräfte dort überlässt, wo pädagogisches Personal benötigt wird, das vom Stellenplan so nicht vorgesehen ist, führt bislang keine zuverlässige Statistik. Insgesamt arbeiten unter seinem Dach 660 Menschen, aber betroffen sind anscheinend nur diejenigen, die an das Bildungsressort direkt ausgeliehen werden – für die Vorkurse etwa, oder als VertretungslehrerInnen. Ich schätze, es geht um etwa 200 KollegInnen.

Ohne Staatsexamen?

Ich finde es wichtig, auf die Qualifikation der Lehrkräfte zu achten. Aber viele von uns unterrichten bereits seit Jahren. Die haben viel Erfahrung. Es kann nicht sein, dass die nichts zählt. Da sind wir zum Glück mit dem Personalrat Schulen einer Meinung. Wir haben viele Quereinsteiger mit tiefen Fachkenntnissen: ein Architekt zum Beispiel, der Deutsch und Mathematik unterrichtet, seit drei Jahren, und mit großer Begeisterung. Der sagte mir neulich: Das würde er gerne auch weiter tun. Auch gibt es sehr viele KollegInnen mit ausländischen Abschlüssen.

Und Sie wollen, dass das als Äquivalent zum Zweiten Staatsexamen anerkannt wird?

Nicht so pauschal, auch wenn das in vielen Fällen sicher angemessen wäre. Aber es gibt jede Menge Möglichkeiten, wie sich das gestalten ließe: Für einige wären Nachschulungen vorstellbar, beschleunigte Prüfungen, berufsbegleitende Fortbildungen …

Und weil es zu wenig LehrerInnen gibt, ist das Ressort schon begeistert auf Sie zugekommen?

Es ist etwas schwieriger. Einen Termin mit Frau Senatorin Bogedan, um den wir uns beworben haben, haben wir noch nicht bekommen. Dabei ist es ja nicht so, dass wir bisher nicht gebraucht würden.

Das Ressort wird sich sagen: Noch sind ja 18 Monate Zeit?

Nein, für uns sind keine 18 Monate Zeit. Wir wollen, dass das noch vor den Sommerferien entschieden wird.

Warum so flott?

Für viele, zumal der jüngeren KollegInnen, geht es um eine Perspektive. Die brauchen Sicherheit. Ich weiß nicht, ob Sie sich vorstellen können, wie es ist, in diese Sommerpause zu gehen, man führe gerne mit den Kindern in Urlaub – aber man weiß nicht: Habe ich noch einen Job, wenn wir zurückkommen? Das ist echt mies! Von Wertschätzung meilenweit entfernt.

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