Hilfe nur für heimische Obdachlose

Fremden-Ausgrenzung

Der Vorschlag des Kieler Sozialdezernenten Gerwin Stöcken (SPD), in Zukunft nur noch Obdachlose mit Hilfsangeboten zu unterstützen, deren letzter fester Wohnsitz in Kiel war, hat bei den schleswig-holsteinischen Wohlfahrtsverbänden und Teilen der politischen Opposition heftige Proteste ausgelöst. In einem Arbeitspapier, das im Sommer mit den freien Trägern breit diskutiert werden soll, schlägt das Sozialderzenat vor, wohnungslose Kieler Neubürger ausschließlich mit einem Schlafplatz für eine Nacht „in Schlichtwohnraum“ und einer Rückfahrkarte in Richtung ihres letzten Wohnorts auszustatten.

Umfangreiche städtische Unterstützungsmaßnahmen soll es hingegen nicht mehr geben – sie bleiben allein „echten Kielern“ vorbehalten. Von den 600 in Kiel lebenden Obdachlosen sind nach Stöckens Einschätzung etwa 28 Prozent zugereist. Die sollten ihre Probleme „lieber da lösen, wo sie entstanden“ sind, findet Stöcken.

Die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe hält die Kieler Pläne für „komplett rechtswidrig“. Gesetzlich verbriefte Hilfeleistungen seien nicht davon abhängig, wo der Betroffene in der Vergangenheit gelebt habe. Für Jo Tein vom Kieler Stadtmagazin Hempels werden mit der Unterscheidung in Obdachlose erster und zweiter Klasse „populistische Stimmungen bedient“ und einer gesellschaftlichen Tendenz des „Abschottens und Einigelns“ werde Vorschub geleistet. Städte hätten grundsätzlich eine besondere Anziehungskraft, die auch vor Wohnungslosen nicht Halt mache. Zudem sei es völlig legitim, dass Menschen in einer Lebenskrise eine Luftveränderung anstrebten.

Auch die Kieler Linke bezieht Stellung dagegen, dass der Sozialdzernent ortsfremde Obdachlose vertreiben wolle. So würden, klagt der Kieler Ratsherr Stefan Rudau, gesellschaftliche Gruppen gespalten und gegeneinander ausgespielt. „An geltendes Gesetz müssen sich auch Kieler Sozialdezernenten halten“, mahnt Rudau. Aufgabe der Stadt sei es nicht, Randgruppen auszugrenzen, sondern „ausreichend sozialen Wohnraum für alle“ zu schaffen.

Sozialdezernent Stöcken rudert derweil zurück. Sein Papier beinhalte „keinen Vertreibungsansatz“, beteuert er. Es gehe in erste Linie darum, zu hinterfragen, ob die Obdachlosen ihre persönlichen Probleme nicht da besser lösen könnten, wo sie entstanden sind. mac