Ist das Rauchverbot zu lasch?
Ja

KULTURKÄMPFE In Bayern beginnt nächste Woche ein Volksbegehren für schärfere Qualmregeln in Kneipen und Restaurants. Im Saarland plant die neue Jamaika-Koalition ein strengeres Gesetz

Sebastian Frankenberger, 28, organisiert das Volksbegehren Nichtraucherschutz in BayernIch bin für italienische Verhältnisse: Die Gastronomie muss ausnahmslos rauchfrei werden. Nicht nur wegen der Gäste – am Arbeitsplatz „Raucherlokal“ herrschen nämlich Verhältnisse, die in der Industrie aus Gründen des Arbeitnehmerschutzes nicht akzeptiert werden.

Die Folge: Schwere Atemwegs- und Herzerkrankungen sind bei KellnerInnen häufiger als in anderen Berufsgruppen. Das ungeborene Kind einer schwangeren Bedienung wird durch das Passivrauchen der arbeitenden Mutter hoch belastet. Dies alles lässt die Freiheits-Phrasen der Raucherlobby verblassen.

Wir brauchen den konsequenten Nichtraucherschutz – überall, auch in der Gastronomie. Dafür können die Bayern jetzt vom 19. November bis zum 2. Dezember in den Rathäusern ihrer Wohnortgemeinde unterschreiben und das seit August im Freistaat geltende CSU-FDP-Rauchgesetz kippen.

Ebenso lasch wie ungerecht erlaubt dieses Gesetz nämlich das Rauchen in dem einen Lokal, verbietet es aber in einem anderen. Doch Gesundheitsschutz und Fairness sprechen für eine einfache Lösung der Gesetzesfrage: Gute Luft, überall!

Claudia Willger-Lambert, 48, ist Vizechefin der Grünen-Fraktion im Jamaika-regierten Saarland

Ich empfinde den Nichtraucherschutz im Saarland als zu lasch – das geltende Nichtraucherschutzgesetz muss daher unbedingt reformiert werden.

Durch die Formulierung zahlreicher Ausnahmen ist das Gesetz bisher kaum praxistauglich und dient dem Gesundheits- und Nichtraucherschutz in keiner Weise. Im Alltag ergibt sich das Problem, dass kein Mensch mehr weiß, wo er rauchen darf und wo nicht. Und auch die Gastwirtinnen und -wirte sind darüber verunsichert. Zudem finden notwendige Kontrollen in den Lokalen nur sehr eingeschränkt statt. Das Ziel eines Gesetzes zum Schutz der Nichtraucherinnen und Nichtraucher ist damit ausgehebelt.

In Saarland haben wir nun dafür gesorgt, dass im Koalitionsvertrag mit FDP und CDU endlich eine konsequente Umsetzung des Nichtraucherschutzes fixiert wurde. Die Abschaffung der Ausnahmeregelungen wird jetzt für Klarheit sorgen. Wir werden deshalb umgehend das Gesetz im Sinne aller Nichtraucherinnen und Nichtraucher und der in der Gastronomie Beschäftigen nachbessern, um deren Gesundheit durch eindeutige Regelungen zu schützen.

Alles andere wäre halbherzig und der saarländische Nichtraucherschutz würde sich erneut in Rauch auflösen.

Jörg-Dietrich Hoppe, 69, ist Pathologe und Präsident der Bundesärzte kammer

Tabakrauch in Innenräumen ist gesundheitsschädlich, sogar potenziell krebserregend. Deshalb sind die seit dem 1. Juli 2008 in allen Bundesländern geltenden Nichtraucherschutzgesetze richtig und wichtig.

Das Rauchverbot in öffentlichen Einrichtungen und in Gaststätten ist ein sinnvoller Schutz vor den Gefahren des Passivrauchens. Damit sind wir zwar auf dem richtigen Weg, doch dürfen diese Gesetze nicht weiter ausgehöhlt werden.

Nahezu alle Nichtraucherschutzgesetze sehen Ausnahmeregelungen für Gaststätten vor. Sie ermöglichen es den Gastwirten, unter bestimmten Voraussetzungen Raucherräume einzurichten. Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts ist das Rauchen in Einraumgaststätten mittlerweile in einigen Bundesländern sogar wieder erlaubt.Beim Schutz vor Passivrauchen aber darf es keine Kompromisse geben. Wir brauchen klare Verhältnisse und keinen Flickenteppich an unterschiedlichen Regelungen in den einzelnen Bundesländern.

Wir brauchen ein konsequentes Rauchverbot in der Gastronomie. In Italien, Irland, Norwegen, Frankreich, Spanien und weiten Teilen der USA sind Rauchverbote in der Gastronomie durchgesetzt worden, ohne dass dadurch größere Probleme für Restaurant- und Gaststättenbetreiber entstanden sind. Viele Gäste kommen dort gerade wegen der rauchfreien Atmosphäre ins Lokal. Das wäre in Deutschland nicht viel anders.

Nein

Martin Zeil, 53, ist FDP-Politiker und seit Oktober 2008 bayerischer WirtschaftsministerJeder Mensch hat die Freiheit, freiwillig und bewusst Risiken einzugehen. Dieses liberale Prinzip hat dort seine Grenze, wo die Risiken, die der Einzelne für sich eingeht, auf andere ausstrahlen. Das ist beim Rauchen in Gesellschaft eindeutig der Fall. Der Nichtraucher wird hierbei, vor allem in Gaststätten, von den Rauchern zwangsweise mit ins Risiko genommen.

Deshalb ist es gerechtfertigt, den Gaststätten vorzuschreiben, den Nichtrauchern den Aufenthalt in rauchfreier Umgebung zu ermöglichen. Nicht gerechtfertigt erscheint hingegen, den Gastwirtschaften die Möglichkeit zu nehmen, durch räumliche Trennung von Nichtrauchern und Rauchern beiden Gruppen gerecht zu werden. Wer das fordert, will nicht die Nichtraucher schützen, sondern die Raucher zwangsweise zum Nichtrauchen bekehren.

Das seit dem 1. August in Kraft getretene bayerische Gesundheitsschutzgesetz schafft einen vernünftigen Kompromiss. Die Nichtraucher werden vor den Risiken des Passivrauchens geschützt. So gilt in allen öffentlichen Räumen ein striktes Rauchverbot. In Gaststätten dürfen Raucher in abgetrennten Räumen weiter rauchen. Den kleinen Einraumgaststätten wird eine Wahlmöglichkeit eingeräumt. Das neue Gesetz ist damit weder zu lasch noch zu restriktiv, sondern einfach konsequent. Nichtraucher werden geschützt, Raucher nicht diskriminiert.

Carmen Krüger, 62, Spitzenköchin, Chefin von Carmens Restaurant in Eichwalde bei BerlinAlso ich liebe dieses Rauchverbot, so wie es ist. Vor allem in Restaurants ist das völlig angemessen. Bei all dem Qualm schmeckt doch einfach kein Essen mehr. Und außerdem: Durch die Raucherei vergilben Wände und Gardinen, alles stinkt – nein, ich bin froh, dass bei mir im Restaurant nicht mehr geraucht wird. Und die Gäste sind auch zufrieden.

Ich habe schon ein halbes Jahr bevor das Gesetz im Januar kam, eine Art Rauchverbot eingeführt. Mein Restaurant war gerade renoviert, die Wände frisch gestrichen, neue Gardinen gekauft und so weiter. Danach meinte ich: Schluss, aus, ab jetzt wird hier nicht mehr geraucht. Alles ist seither frischer und angenehmer im Restaurant. Es gab auch nie Beschwerden. Die Raucher versammeln sich in einer kleinen Clique vor der Tür, lernen sich kennen, kommen ins Gespräch – das ist doch nett.

Was die sogenannten Eckkneipen betrifft: Da finde ich es in Ordnung, wenn geraucht werden darf. Da gehört Rauchen irgendwie dazu.

Wenn die Raucher dort ständig nach draußen rennen müssten, würde das die Stimmung kaputtmachen. Die Kneipenwirte hätten tatsächlich Umsatzeinbußen, wenn man das Gesetz weiter verschärfen würde. Deshalb finde ich die Regelung, so wie sie ist, ziemlich gut.

Christopher Lorenz, 41, ist Handwerker, taz.de-Leser und hat das Thema online kommentiertIch lebe seit mehreren Jahren in Nord-Neukölln in Berlin. In keinem der Restaurants hier wird geraucht, was auch ich befürworte. In jeder zweiten Kneipe darf geraucht werden; in den anderen Kneipen nicht. Wo, liebe Nichtraucher, liegt also das Problem? Geht doch bitte in die Nichtraucher-Kneipen und lasst uns unserem Laster in den Raucher-Kneipen frönen. Das nennt man dann Kompromiss. Kompromiss ist etwas, was die emsig bis verbiestert argumentierende Nichtraucherschaft offenbar nicht willens ist, einzugehen. Dass Clubs und Diskotheken separate Raucherräume anbieten, ist doch eine prima Lösung für alle! So haben Nichtraucher und Raucher ihr eigenes Plätzchen und keiner belästigt jemanden. Clubs/Diskos, in denen kein separater Raucherraum vorhanden ist, betrete ich gar nicht erst. Da bin ich ganz rücksichtsvoll.

Mögen doch bitte alle Nichtraucher einmal kurz in sich gehen und überlegen, wo sie ihre Mitmenschen durch ihr ganz normales Menschsein nachhaltig beeinträchtigen …

Falls sie sich dann noch ruhigen Gewissens ihrer Existenz hingeben können, dann mögen sie von mir aus weiterhin ihre polemischen Steinchen nach uns Rauchern werfen.