Weitgehend überflüssiger Prestige-Knast

Freiheitsentzug Der Betrieb des neuen Abschiebegewahrsams am Hamburger Flughafen kommt teurer als erwartet. Er ist bisher wenig genutzt worden

Der vor einem halben Jahr gemeinsam von Hamburg und Schleswig-Holstein in Betrieb genommene Abschiebegewahrsam am Helmut-Schmidt-Flughafen in Hamburg-Fuhlsbüttel ist teuer und kann nur wenig genutzt werden. Das hat eine Senatsanfrage der Linkspartei in der Hamburgischen Bürgerschaft ergeben. Demnach waren im letzten Quartal 2016 sieben Flüchtlinge – darunter eine Frau – untergebracht und in den ersten drei Monaten 2017 sechs Personen für zwei bis drei Tage – davon zwei Frauen. Ansonsten steht der Knast leer.

Die bundesweit einzigartige Einrichtung war auf Weisung von Hamburgs Erstem Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) von der Innenbehörde als Prestigeobjekt für mehr als 1,3 Millionen Euro gebaut worden. Damit wollte Scholz den Willen des rot-grünen Senats dokumentieren, dass nicht-anerkannte Flüchtlinge aus der Elbmetropole konsequent abgeschoben würden. In dem Airport-Abschiebegewahrsam können zeitgleich bis zu 20 Personen – darunter auch Familien mit Kindern – untergebracht werden. Fünf Plätze sind Schleswig-Holstein vorbehalten.

Die geschätzten Kosten für das Betreiben des Gewahrsams von 1,2 Millionen Euro pro Jahr sind offenbar zu niedrig kalkuliert. Seit der Inbetriebnahme am 24. Oktober 2016 sind laut Senatsantwort für Personalkosten und Sicherheitsdienste pro Quartal durchschnittlich rund 250.000 Euro angefallen, hinzu kommen Betriebskosten in Höhe von rund 200.000 Euro pro Quartal. Schleswig-Holstein zahlt für seine fünf Plätze, die bislang ungenutzt blieben, jährlich 700.000 Euro an die Hansestadt.

Hintergrund der geringen Auslastung des Abschiebegewahrsams sind die gesetzlichen Vorgaben, nach denen Richter eine Freiheitsentziehung durch Abschiebehaft nur dann anordnen können, wenn es konkrete Hinweise darauf gibt, dass sich der „Ausreisepflichtige“ einer Abschiebung entziehen wolle.

„Der Ausreisegewahrsam erweist sich als ebenso fragwürdiges wie teures Prestigeprojekt“, kritisiert die innenpolitische Sprecherin der Hamburger Linksfraktion, Christiane Schneider, die Einrichtung. Allein die Personal- und Betriebskosten hätten in sechs Monaten zusammen 860.238 Euro verschlungen – bei insgesamt zwölf Personen im Alter zwischen 19 und 68 Jahren, die von dort aus tatsächlich abgeschoben worden seien.

„Das sind pro Kopf 71.686,50 Euro – weil Bürgermeister Scholz besondere Härte bei der Abschiebepolitik demonstrieren wollte“, schimpft Schneider. „Sein Ausreisegewahrsam wurde zum Symbol für Kälte und finanzielle Verantwortungslosigkeit.“ Kai von Appen