Hamburger Szene von Lena Eckert
: Richtig Arbeit: Wenn Hamburg aufräumt

Wer nach dem Urlaub sein Rad nicht mehr vorfindet, muss sich auch noch als unsozial diffamieren lassen

Montagvormittag, Bahnhof Altona: Zwei Lastwagen der Stadtreinigung mit der Aufschrift „Hamburg räumt auf“. Dazwischen steht eine Gruppe aus Männern in orangefarbenen Westen und einigen Menschen mit Mikrofonen und Kameras. Im Hintergrund zwei Polizisten. Alle warten. Gemurmel, leichter Nieselregen. Schon fünf nach elf. Wo bleibt er denn?

Dann ist er auf einmal da. Er ist relativ klein, trägt eine dunkelblaue Jacke von Hugo Boss, den Kragen im Nacken halb aufgestellt. Darunter ein weißes Hemd und eine Hose in Königsblau mit Bügelfalte. Die Hände in den Jackentaschen, wippt er leicht vor und zurück, während er mit der Presse spricht. Er wird nach dem Sinn der Aktion gefragt. „Von ihren Besitzern abgestellte und nicht mehr genutzte Fahrräder entfernen“, antwortet er.

Um die viertausend „Fahrradleichen“ kämen jedes Jahr zusammen. In diesem Jahr würden sie erstmals nicht verschrottet, sondern recycelt. Das freue ihn, aber noch besser wäre es natürlich, wenn die Stadt ihren Bürgern gar nicht erst hinterher räumen müsste: „Sein Fahrrad im öffentlichen Raum abstellen und dann erst mal in Urlaub fahren, ist nicht gerade das Sozialste.“

Ob er für die Kameras mal ein Fahrrad losflexen könnte, fragt jemand aus dem Pressepulk. Da vorne stünde eins so schön frei. Er bekommt Handschuhe, eine Schutzbrille und eine Flex und beugt sich zum betreffenden Rad hinunter. „Ich hab’das noch nie gemacht“, warnt er die Umstehenden und lacht. „Passen Sie auf Ihre Hose auf“, ruft eine Journalistin. „No risk, no fun“, antwortet er und flext los. Nach drei Sekunden ist das Schloss durch. Er gibt die Flex ab, zieht die Handschuhe aus und schiebt wie aus Routine die Schutzbrille auf den Kopf.

Ob er das Fahrrad mal so ein bisschen hochheben und damit posieren könne, fragt ein Fotograf. „Klar“, sagt er und nimmt gerade noch rechtzeitig die Brille wieder vom Kopf. „Und jetzt?“, fragt er, das Fahrrad in den Händen. Ob er das Rad auf einen der Lastwagen laden könne, fragt ein Kameramann. „Sie wollen wohl, dass ich mal richtig arbeite, was?“ Mit vor Konzentration gerunzelter Stirn schleppt er das Rad zu einem der Fahrzeuge. Vorbei an drei Mitarbeitern der Stadtreinigung, die das Ganze mit verschränkten Armen beobachten und sich ein Feixen nicht verkneifen können: „Schon toll, unser Umweltsenator, ne?“