POLITIK

PolitikJörg Sundermeiersichtet die sozialen Bewegungen in der Stadt

Am heutigen Donnerstag lädt das KuBiZ (Bernkasteler Straße 78, 9.30 Uhr) in aller Herrgottsfrühe zu einem Seminar über die „Die Kehrseiten des Wohlstandes“. Denn die Frage, „Was hat unser Lebensstil mit Flucht und Migration zu tun?“, ist nicht nur legitim, sondern auch zwingend. „Im Seminar“, so verkünden die Veranstalter*innen, wird es deshalb „um eine Analyse der Verantwortlichkeiten (historisch und aktuell) gehen und darüber hinaus auch um unsere Handlungsmöglichkeiten für eine gerechtere Welt.“ Das Seminar wird zudem viel Platz für ­Diskussionen bieten, denn es soll bis zum frühen Abend gehen.

Am Freitag bittet dann das New Yorck im Bethanien (Mariannenplatz 2 a, ab 16 Uhr) zum Kongress: „Selber machen – Konzepte von Basisorganisierung, Gegenmacht und Autonomie“. Diesem Thema wird sich am Wochenende gewidmet, es geht darum, durch DIY und Selbstorganisation den Kapitalismus zu unterhöhlen und den etablierten nun eigene Strukturen entgegenzusetzen. Doch der als Utopie hier vorgestellten Welt von freien Räten wird auch von den Organisator*innen selbst die Frage entgegengesetzt: „Wie unterstützen wir als politische Strukturen Selbstorganisierungsprozesse, ohne in autoritäre Muster zu verfallen?“ Diese Frage ist, wie ein Blick in die Historie zeigt, ja nun auch wirklich nicht sehr weit hergeholt.

Am gleichen Tag wird in der Gaststätte B-Lage (in der Ma­resch­straße 1, ab 19.30 Uhr) der Tag der Befreiung Neuköllns gefeiert werden, der vor 72 Jahren stattfand, indem die ersten Einheiten der Roten Armee die Südgrenze Berlin-Neuköllns erreichten. Die Veranstaltung wird sich vor allem um die Frauen im antifaschistischen Widerstand in Neukölln der Jahre 1933–1945 drehen, die sich in besonderer Weise hervorgetan haben. Den zugehörigen Vortrag hält Claudia von Gélieu, aktiv bei den Frauentouren und in der Galerie Olga Benario. Wer wäre berufener? Im Februar dieses Jahres wurde übrigens ihr Auto in der Reihe rechter Angriffe von Neonazis angezündet – auch sie ist also den Nazis ein Dorn im Auge. Nach dem Vortrag wird dann verstärkt das Tanzbein geschwungen.

Der Montag schließlich ist der 1. Mai. Je nach politischer Coleur darf man sich dann einer Nazidemo anschließen, kann mit dem DGB irgendwo Bier trinken, oder man wird sich in Kreuzberg am Kotti mit Hooligans beim Polizistenbepöbeln erfreuen. Es gibt selbstverständlich auch eine „Revolutionäre 1. Mai Demo“ am Oranienplatz (18 Uhr), heuer sogar zum 30. Mal, sie hat das äußerst originelle Motto „Legal, illegal, scheißegal.“ Na, wenn’s der Wahrheitsfindung dient.