1967 – 1974: Willy Brandt kniet nieder

3. Juni 1967„Auf der Straße zusammengebrochen. Wann kommt Hilfe?“ Bildunterschrift der B.Z. zum gewaltsamen Tod des Studenten Benno Ohnesorg, der während einer Demonstration erschossen wurde.

21. Oktober 1969 „Mehr Demokratie wagen!“ Willy Brandt ist der erste sozialdemokratische Bundeskanzler. Seine Ziele: die gesellschaftspolitische Liberalisierung, eine neue Ostpolitik und ein geregeltes Nebeneinander beider deutscher Staaten.

14. Mai 1970Die Befreiung von Andreas Baader aus dem Gefängnis durch Ulrike Meinhof ist ein medienwirksamer Coup und die Geburtsstunde der „Roten Armee Fraktion“. Die führenden Köpfe haben sich gefunden: Baader, Meinhof, Gudrun Ensslin und der Anwalt Horst Mahler. Tatsächlich aber ist die Gruppe zu diesem Zeitpunkt noch namenlos. Die Medien nennen sie die Baader-Meinhof-Bande.

7. Dezember 1970Bundeskanzler Willy Brandt besucht in Warschau das Mahnmal zum Gedenken an den Aufstand im jüdischen Ghetto 1943 – und kniet nieder, völlig überraschend, außerhalb des Protokolls. Inmitten des Kalten Krieges. Der Kniefall ist das Symbol für den Aufbruch zu Entspannung, Abrüstung und Frieden. Eine Geste, die um die Welt geht.

19. Mai 1972„Wir verlangen, daß die Springerpresse diese Erklärung abdruckt. Wir verlangen nichts Unmögliches. Wir werden unsere Aktionen gegen die Feinde des Volkes erst einstellen, wenn unsere Forderungen erfüllt sind. Enteignet Springer! Enteignet die Feinde des Volkes!“ Auszug aus der RAF-Erklärung zum Anschlag auf das Springer-Hochhaus in Hamburg.

20. September 1972Erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik stellt mit Willy Brandt ein Bundeskanzler die Vertrauensfrage. 248 Abgeordnete votieren gegen ihn, nur 233 sprechen Brandt ihr Vertrauen aus. Das Ergebnis ist allerdings gewollt: es sollte Neuwahlen herbeiführen.

26. April 1974 „Mein Bauch gehört mir!“ Der Bundestag beschließt nach langen und heftigen Auseinandersetzungen eine Reform des § 218 zum Schwangerschaftsabbruch.

1974 – 1979: Die RAF: Terror oder Politik?

16. Mai 1974 Nach dem Rücktritt Willy Brandts wird Helmut Schmidt zum fünften Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschlands gewählt. Seine Kanzlerschaft steht ganz unter dem Zeichen der Rezession und der Weltwirtschaftskrise und wird noch bis 1982 andauern.

7. Juli 1974 „Deutschland zum zweiten Male Fußballweltmeister! Holland nach hartem Kampf 2:1 unterlegen / Spannendes Endspiel mit zwei Elfmetern“ Schlagzeile der FAZ. zum Finale.

24. April 1975 Das Kommando „Holger Meins“ der RAF überfiel die bundesdeutsche Botschaft in Schweden. Die Terroristen wollten die inhaftierten Köpfe der Gruppe freipressen. Sie gehörten zur zweiten RAF-Generation.21. Mai 1975 beginnt der Prozess in Stammheim. Die erste Generation der „Roten Armee Fraktion“ musste sich für ihre Verbrechen während der „Mai-Offensive“ (zwischen dem 11. und dem 24. Mai 1972) verantworten.

30. Oktober 1976 AKW Brokdorf: Erste Großdemonstration am Bauplatz mit mehr als 5000 Teilnehmer*innen. Rund 2000 von ihnen brachen gewaltsam in die Baustelle ein, um sie zu besetzen. Mehrere Hundertschaften räumten das Gelände mit Wasserwerfern und Tränengas.

1977: Mordserie Am 7. April wurde Generalbundesanwalt Siegfried Buback bei einem Anschlag der RAF in Karlsruhe erschossen. Die RAF startete damit die „Offensive 77“ – das blutige Jahr des deutschen Terrors. Am 30. Juli wird Bankier Jürgen Ponto erschossen. Nach wochenlanger Geiselnahme wird am 19. Oktober auch Hanns Martin Schleyer ermordet.

25. Juli 1978 Mitarbeiter des Verfassungsschutzes ließen eine Bombe an der Außenmauer der Justizvollzugsanstalt Celle detonieren. Ziel war, Informanten in linke Terrorkreise zu schleusen.

25. März 1979 „Gorleben: Das Zeitalter der Angst?“ titelt der Stern in der Ausgabe vom 26. März 1979. Am Tag zuvor kam es zu ersten Demonstrationen. Nach und nach entstand ein Demonstrationszug, welcher am 31. März 1979 mit über 100.000 Menschen in der Innenstadt von Hannover seinen Höhepunkt fand.

1979 – 1980: Deutschland zieht auf die Straße

12. Dezember 1979 Die 14 Außenminister der Nato (außer Frankreich) vereinbarten den Nato-Doppelbeschluss. Der Beschluss führte zu einem Erstarken der Friedensbewegung. Hunderttausende gingen in der Bundesrepublik auf die Straße, um gegen die Nachrüstung zu protestieren.

13. Januar 1980 Aus den Umwelt-, Anti-Atomkraft-, Friedens- und Frauenbewegungen der 1970er und Anfang der 1980er Jahre sowie der DDR-Bürgerrechtsbewegung hat sich die Partei Die Grünen entwickelt. Entstanden aus der Gesellschaft heraus, anfänglich noch radikale Protestpartei unter dem Motto „Nicht links, nicht rechts, sondern vorn“, wurden sie Anfang 1980 offiziell gegründet.

26. September 1980 Bei einem auf dem Münchner Oktoberfest verübten Anschlag starben 13 Menschen, 211 wurden verletzt. Die Ermittlungen ließen auf einen Einzeltäter schließen: den rechtsextremen Geologie-Studenten Gundolf Köhler, der beim Attentat ums Leben kam. Bis heute bestehen Zweifel an der Einzeltäter-Theorie. Die spätere Wiederaufnahme der Ermittlungen brachte bis heute keinen abschließenden Erfolg.

1980 – 1983:Eine Frage des Vertrauens

1980: Hausbesetzerszene In West-Berlin, vor allem im Stadtteil Kreuzberg, herrscht infolge der Flächensanierungspolitik des Senates Wohnungsknappheit. Daher werden leerstehende Häuser von der Hausbesetzer*innenszene „instand gesetzt“. Die Hausbesetzer*innen müssen ihren Lebensraum gegen die Polizei in Häuser- und Straßenschlachten verteidigen. Bekannt sind vor allem: Das Georg-von-Rauch-Haus (Berlin-Kreuzberg), die Häuser der Mainzer Straße (Berlin-Friedrichshain), die Hafenstraße (Hamburg-St. Pauli), die Rote Flora (Hamburg) und das Richard-Epple-Haus in Tübingen.

1. Oktober 1982 Obwohl Helmut Schmidt noch Anfang des Jahres eine Vertrauensfrage deutlich gewonnen hat, verschärfen sich bis zum Sommer die Streitigkeiten innerhalb der SPD über den Nato-Doppelbeschluss und die politischen Unterschiede zur FDP. Der Konflikt über den Bundeshaushalt 1983 führt schließlich zum Bruch der seit 1969 regierenden sozialliberalen Koalition. Am 17. September 1982 treten die FDP-Minister von ihren Ämtern zurück; sie kommen damit einer Entlassung durch Bundeskanzler Schmidt knapp zuvor. Zunächst regiert eine SPD-Minderheitsregierung weiter, die FDP trittt in Koalitionsverhandlungen mit der CDU/CSU ein, die schließlich zum konstruktiven Misstrauensvotum führt. Die Abstimmung selbst gewinnt Helmut Kohl mit 256 Jastimmen bei 235 Neinstimmen, 4 Enthaltungen und 2 nicht abgegebenen Stimmen. Das zweite konstruktive Misstrauensvotum in der Geschichte der Bundesrepublik ist damit erfolgreich, auch wenn von den insgesamt 279 Abgeordneten von CDU/CSU und FDP mindestens 23 nicht für Kohl stimmen. Helmut Kohl wird der sechste Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland.

29. März 1983 Die Grünen erhalten 5,6 Prozent der Stimmen und werden vierte Fraktion im Bundestag: nach vielen Jahren mit nur drei vertretenen Parteien. 27 grüne Abgeordnete zeigen schon rein äußerlich, dass sie anders sind als die der etablierten Parteien. Zu den bekanntesten Vertretern zählen: Petra Kelly, Gert Bastian und Otto Schily.

1983 – 1985: Zeitgeist der falschen Fakten

28. April 1983 Drei Jahre lang sammelt der Stern aus obskuren Quellen angebliche Hitler-Tagebücher, dann wirft er sie un­geprüft auf den Weltmarkt. Was als „größter journalistischer Coup der Nachkriegszeit“ angekündigt wurde, erweist sich, gesteht Herausgeber Henri Nannen ein, als „Katastrophe für den ,Stern‘“. Das Bundesarchiv in Koblenz und das BKA in Wiesbaden entlarven die Papiere als Fälschung. Angefertigt wurden sie von dem Maler und Kunstfälscher Konrad Kujau.

31. März 1984 Günter Kießling, Vier-Sterne-General und stellvertretender Nato-Oberbefehlshaber, muss wegen eines Gerüchts seinen Posten räumen. Es heißt, Kießling werde vom Nato-Oberbefehlshaber in Europa nicht empfangen, weil er homosexuell sei. Der Militärische Abschirmdienst (MAD) hört von diesem Gerücht und nimmt geheime Ermittlungen gegen Kießling auf. Verteidigungsminister Manfred Wörner (CDU) konfrontiert den General in einem persönlichen Gespräch mit den Vorwürfen und äußert dabei die Einschätzung, Kießling sei aufgrund seiner Homosexualität erpressbar. Er soll ohne Zapfenstreich in den Ruhestand versetzt werden. Kießling fordert jedoch ein öffentliches Disziplinarverfahren, um nachzuweisen, dass die Vorwürfe haltlos sind. Verteidigungsminister Wörner sieht sich deshalb gezwungen, seinen Rücktritt anzubieten. Bundeskanzler Helmut Kohl lehnt den Rücktritt Wörners ab, besteht aber darauf, das Verfahren gegen Kießling einzustellen, den General zu rehabilitieren und wieder einzusetzen. Günter Kießling wird am 1. Februar 1984 rehabilitiert.

14. Juni 1985 Im Grenzort Schengen (Luxemburg) wird eine Vereinbarung über den Abbau von Personenkontrollen an den EU-Binnengrenzen beschlossen. Es soll zugleich den Missbrauch offener Grenzen durch illegale Einwanderung oder internationale Verbrechen verhindern.

16. Oktober 1985 Bei der Landtagswahl 1982 erhält keine Partei in Hessen eine Mehrheit. Daraufhin werden Neuwahlen ausgeschrieben, die aber im September 1983 ebenfalls keine klaren Verhältnisse hervorbringen. (Fortsetzung auf Seite 12)

1985 – 1986: Der unerwartete Super-GAU

16. Oktober 1985 (Fortsetzung von Seite 11) So regiert die SPD unter Holger Börner zunächst als Minderheitsregierung, toleriert von den Grünen, die Börner im Juni 1984 mit zum Ministerpräsidenten wählen. Im Oktober 1985 bilden SPD und Grüne schließlich die erste rot-grüne Koalition in der Bundesrepublik. Joschka Fischer wird der erste grüne Minister, und zwar für Umwelt und Energie. Er lässt sich am 12. Dezember 1985 in seinen weißen Turnschuhen – zu Sakko und Jeans – vereidigen. Dadurch erhällt er den Spitznamen „Turnschuhminister“.

26. April 1986 In der Ukraine, an der Grenze zu Weißrussland, explodiert im ­Lenin-Kernkraftwerk bei Tschernobyl ­Reaktor 4 in vollem Betrieb. Der kaum für möglich gehaltene Super-GAU ist eingetreten. Eine radioaktive Wolke verteilt sich über Europa. Mit dem Regen kam der Fallout. Bis heute ist die Strahlung messbar. Insgesamt wurden 150.000 km² in Weißrussland, der Ukraine und ­Russland durch den Reaktorunfall radio­aktiv verseucht – ein Gebiet, in dem damals fünf Millionen Menschen leben. Mehr als 330.000 Menschen, die in unmittelbarer Nähe des Reaktors leben, müssen evakuiert werden. Bis zum 5. Mai müssen 160.000 Einwohner*innen ihre Wohngebiete verlassen, über 70 Ortschaften im Gebiet Kiew und im weißrussischen Gebiet Gomel werden aufgegeben. Am Morgen des 28. April 1986 wird im über 1200 Kilometer von Tschernobyl entfernten Kernkraftwerk ­Forsmark in Schweden erhöhte Radio­aktivität gemessen. Nachdem klar ist, dass diese nicht durch das eigene Kernkraftwerk verursacht wird, kam der Verdacht auf, dass es in einem sowjetischen Kernkraftwerk zu einem GAU gekommen ist. Die amtliche sowjetische Nachrichten­agentur Tass meldete am Abend erstmals einen „Unfall“ im Kernkraftwerk ­Tschernobyl. Gewissheit gibt es erst am 29. April, drei Tage nach dem Unfall, als die sowjetischen Behörden den Vorfall offiziell bestätigen. Auch internationale Medien berichteten erst dann ausführlich. Die radioaktive Wolke erreicht zu diesem Zeitpunkt Deutschland und geht wegen intensiver Regenfälle vor allem in Süddeutschland nieder.

1987 – 1989: „Tear down this wall!“

12. Juni 1987 „Mr. Gorbachev, open this gate! Mr. Gorbachev, tear down this wall!“ In seiner Rede vor dem Brandenburger Tor, um die 750-jährige Geschichte der Stadt zu ehren, kommt US-Präsident Ronald Reagan nach Berlin. Für die 25.000 geladenen Gäste, die ihm zuhören, scheint das eine ziemlich abwegige Idee. Man hat sich mit der Teilung Deutschlands und Berlins abgefunden. Dass sich zu Lebzeiten daran etwas ändern soll, kann sich kaum einer von ihnen vorstellen. In Teilen der europäischen Öffentlichkeit befürchtet man, die „Kalter-Krieg-Rhetorik“ könne die Entspannungspolitik und die Abrüstungsverhandlungen mit Moskau gefährden. Ihre historische Bedeutung erhält die Rede erst zwei Jahre später mit dem Fall der Mauer.

1987Deutschland startet einen Boykott gegen die Volkszählung. Schon vier Jahre zuvor hätte es die Volkszählung geben sollen, doch sie scheiterte an der Angst der Bürger*innen vor dem Überwachungsstaat. Spektakulär stellt sich das Bundesverfassungsgericht auf die Seite des Protests, sieht gravierende Mängel im Datenschutz und spricht dem Bürger das Recht auf informationelle Selbstbestimmung zu. 30 Millionen Fragebögen wandern in den Reißwolf und 370 Millionen Mark in die Tonne. Der zweite Versuch 1987 sorgt für Proteste. Es kam zu Boykottaufrufen und Demonstrationen im ganzen Land. Dabei werden Fragebögen in öffentlichen Aktionen vernichtet. Im Herbst 1987 zählt die Republik 1100 Bürger*inneninitiativen gegen die Volkszählung, 1,1 Millionen unausgefüllte Meldebögen und eine nicht quantifizierbare Anzahl von Bögen mit bewusst falschen Angaben.9. November 1989 Um Mitternacht sind alle Grenzübergänge in Berlin offen. Die Leipziger Montagsdemonstration vom 9. Oktober 1989 gilt als entscheidend für die friedliche Revolution in der DDR. Die Mauer ist gefallen.

1990 – 1999: Deutschland wandelt sich

3. Oktober 1990 Angestoßen durch die friedliche Revolution 1989 in der DDR, tritt ebendiese der Bundesrepublik Deutschland bei. Seitdem wird der 3. Oktober jährlich als Tag der Deutschen Einheit begangen.

2. Dezember 1990 Es findet die erste gesamtdeutsche Bundestagswahl statt, Helmut Kohl wird als Kanzler und sein schwarz-gelbes Kabinett als Regierung bestätigt. Er soll als Kanzler der Einheit in die Geschichte eingehen.

21. Juni 1991 Infolge der Wiedervereinigung beschließt der Bundestag, seinen Sitz von Bonn nach Berlin zu verlegen. In den Jahren danach ziehen weitere Teile der Regierung um, in Bonn verbleiben Zweitsitze.

26. August 1992 In Rostock-Lichtenhagen gipfelt die Asyldebatte der frühen 1990er in massiven, rassistisch motivierten Ausschreitungen, an denen Hunderte direkt beteiligt sind. Nur wenig später erfolgt ein Brandanschlag auf zwei von türkischen Familien bewohnte Häuser in Mölln.

1. November 1993 Der Vertrag von Maastricht tritt in Kraft. Der bis dato größte Schritt in der europäischen Integration begründet die Europäische Union als übergeordneten Verbund der Europäischen Gemeinschaften.

31. Mai 1994 Der Bundestag beschließt die ersatzlose Aufhebung des §175 StGB, der sexuelle Handlungen zwischen zwei Personen männlichen Geschlechts unter Strafe stellte.

26. März 1995 Die Schengener Abkommen über die Abschaffung der Kontrollen an den Binnengrenzen der teilnehmenden Staaten treten in Kraft.

27. September 1998 Zum ersten Mal in der Geschichte wird ein Bundeskanzler vom Volk abgewählt. Die Wahl zum 14. Deutschen Bundestag bringt Gerhard Schröder als Kanzler der ersten und bislang einzigen rot-grünen Koalition auf Bundesebene hervor. Joschka Fischer wird Außenminister.

4. November 1999 Die CDU-Spendenaffäre wird aufgedeckt. Der frühere Generalsekretär, Heiner Geißler, räumt die Existenz schwarzer Konten in der Ära Kohl ein. Kohl gestand nach vorherigem Abstreiten und trat infolgedessen von seinem Amt als Ehrenvorsitzender der CDU zurück.

2000 – 2005: Die Waffe gegen Terror?

2000 George W. Bush siegt nach einem langen Weg durch die Instanzen und wird neuer Präsident der Vereinigten Staaten.

11. September 2001 Vier Flugzeuge werden entführt und als Selbstmordattentate in zivile und militärische Gebäude der Vereinigten Staaten von Amerika gelenkt. Etwa 3000 Menschen verlieren dabei ihr Leben. Zu den Anschlägen bekennt sich später die islamistische Terrormiliz al-Qaida.

16. November 2001 In zwei Abstimmungen beschließt der Deutsche Bundestag auf Antrag der rot-grünen Bundesregierung den Einsatz Deutscher Streitkräfte in Afghanistan. Im Rahmen der Operation Enduring Freedom (Operation „Andauernde Freiheit“) werden über 5000 Soldaten abgestellt, einige bezahlen mit ihrem Leben, viele müssen nach ihrer Rückkehr in psychologische Behandlung.

1. Januar 2002 Der Euro wird die Währung der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion und somit offizielles Zahlungsmittel in 19 EU-Mitgliedsstaaten. Nach dem US-Dollar ist der Euro die wichtigste Reservewährung der Welt.

17. Mai 2002 Gegen Stimmen von CDU und FDP beschließt der Deutsche Bundestag, die Verurteilungen wegen homosexueller Handlungen nach §175 StGB während der Zeit des Nationalsozialismus für nichtig zu erklären. Die Urteile zwischen 1945 und 1969 blieben unangetastet.

1. Mai 2003 Der US-Präsident George W. Bush erklärt den völkerrechtswidrigen Dritten Golfkrieg gegen den Irak für siegreich beendet. Beteiligt waren die USA, Großbritannien und die so genannte „Koalition der Willigen“. Deutschland wird offiziell nicht dazu gezählt.

26. Dezember 2004 Ein Erdbeben im Indischen Ozean löst die bisher schlimmste Tsunami-Katastrophe der Geschichte aus. Die Welle breitet sich mehrere Tausend Kilometer aus und fordert über 231.000 Opfer in zahlreichen Ländern Asiens und Afrikas.

7. Juli 2005 Bei einer Serie von islamistischen Selbstmordattentaten im öffentlichen Raum des morgendlichen Londons werden 56 Menschen getötet. 700 weitere werden teilweise schwer verletzt.

2005 – 2008: Ein deutsches Sommermärchen

19. April 2005 Benedikt XVI. wird nach Papst Johannes Paul II. zum Papst ernannt. Das Konklave, an dem 115 Kardinäle teilnahmen, begann am 18. April 2005. Am Nachmittag des 19. April fiel die Wahl schon im vierten Wahlgang auf Joseph Ratzinger. Er war erst der zweite Papst der Geschichte, der später – nämlich im Jahr 2013 – freiwillig von seinem Amt zurücktrat.

20. April 2005 „Wir sind Papst!“ Schlagzeile der Bild-Zeitung.

30. September 2005 Die dänische Zeitung Jyllands-Posten veröffentlicht unter dem Namen „Das Gesicht Mohammeds“ zwölf Karikaturen, die den islamischen Propheten Mohammed zeigen. Später wurden sie in der ägyptischen Zeitung Al Fager nachgedruckt. Die Situation geriet daraufhin in einigen islamischen Staaten völlig außer Kontrolle. Bei blutigen Protesten starben mehr als 150 Menschen. Die dänische Botschaft in Syrien stand in Flammen. Ebenso die diplomatischen Vertretungen Norwegens, Schwedens und Chiles – alles Länder, in denen die islamkritischen Zeichnungen nachgedruckt worden waren. In Teheran verhinderten bewaffnete Sicherheitskräfte den Sturm auf die Botschaften westlicher Länder, darunter Deutschlands. Dort hatte die Welt die Karikaturen abgedruckt.

2006 In Deutschland lebt das ­Sommermärchen, „Fanmeile“ wird Wort des Jahres. Erst im Halbfinale der Heim-WM ist Schluss gegen die späteren Weltmeister aus Italien.

15. September 2008 Mit dem Zusammenbruch der Investmentbank „Lehman Brothers“ erreicht die Finanzkrise ihren Höhepunkt – tausende Angestellte müssen die viertgrößte Investmentbank der Welt räumen. Als Auslöser gilt das Platzen der Immobilienblase, woraufhin sich die Ereignisse überschlugen. Die Börsenwerte gingen weltweit auf Talfahrt. Doch bei der Finanzkrise blieb es nicht: Bereits Ende 2008 war klar, dass Deutschland und viele andere Industrieländer in eine Rezession, die größte nach dem Zweiten Weltkrieg, rutschten. Der Konsum ging stark zurück. Autos und andere Konsumgüter wurden nicht mehr gekauft.

2008 – 2010: Traumblasen platzen

15. September 2008 Mit dem Zusammenbruch der Investmentbank „Lehman Brothers“ erreicht die Finanzkrise ihren Höhepunkt. Als Auslöser gilt das Platzen der Immobilienblase, woraufhin sich die Ereignisse überschlagen. Die Börsenwerte gehen weltweit auf Talfahrt. Bereits Ende 2008 ist klar, dass Deutschland und viele andere Industrieländer in eine Rezession, die größte nach dem Zweiten Weltkrieg, rutschen.

4. November 2008 „YES WE CAN!“ Barack Hussein Obama wurde zum 44. Präsidenten der Vereinigten Staaten gewählt. Vor seiner Amtszeit agierte er in Washington als Rechtsanwalt. Als Sohn eines Kenianers und einer US-Amerikanerin ist der Demokrat der erste afroamerikanische Präsident der USA.

25. Juni 2009 Michael Jackson, der selbsternannte „King of Pop“, verstirbt unerwartet mit nur 50 Jahren. Am 28. August 2009 wird der Tod von Michael Jackson offiziell als Tötungsdelikt bezeichnet. Todesursache ist eine akute Vergiftung durch das Narkosemittel Propofol.

22. März 2010 Der 51-jährige Wetter­moderator Jörg Kachelmann kommt in Untersuchungshaft. Er soll seine ehe­malige Lebensgefährtin vergewaltigt ­haben, Kachelmann bestreitet erfolgreich die Vorwürfe. Er wird frei­gesprochen.

31. Mai 2010 tritt Bundespräsident Horst Köhler von seinem Amt zurück. Über die wirklichen Gründe gibt es nur Spekulationen.

24. Juli 2010 Hunderttausende Tanz­wütige sind auf der Loveparade in Duisburg unterwegs. In einem Tunnel, der der einzige Zugang zum Gelände ist, kommt es zu einer Massenpanik, bei der 21 Besucher*innen sterben, 541 weitere werden schwer verletzt. In den ersten Tagen danach waren die Meldungen über das Unglück in den Medien gekennzeichnet von Ahnungslosigkeit und regelrechten Falschinformationen. Infolge der Katastrophe beendete der Organisator der Loveparade die seit 1989 bestehende Veranstaltungsreihe.

2010 – 2013: Revolution liegt in der Luft

19. August 2010Nach über sieben Jahren ist die Operation „Iraqi Freedom“ offiziell beendet. Den vorläufigen Schlusspunkt markieren die Soldat*innen des 4. Stryker Brigade Combat Teams, die den Irak in Richtung Kuwait verlassen. Zurück blieben 50.000 Soldat*innen, die nicht mehr kämpfen, sondern ausbilden sollen. Sieben Jahre nach der Invasion verlassen die letzten US-Kampftruppen den Irak.

Dezember 2010 Was in Tunesien beginnt, breitet sich schon bald wie ein Flächenbrand über viele Länder Nordafrikas und des Nahen Ostens aus: Proteste und Rebellionen erschüttern die autokratischen Systeme der Region. In Ägypten und Tunesien jagen die Aufständischen die Herrscher aus dem Amt. Libyen verfällt in einen Bürgerkrieg, dessen Verlauf das Eingreifen der Nato entscheidend beeinflusst. Syrien befindet sich in einer Patt-Situation, die verlustreichen Auseinandersetzungen zwischen Regierung und Opposition gehen weiter. In anderen Ländern wie Marokko und Jordanien reagieren die Regime auf die sozialen Proteste und stabilisieren so ihren Status quo zumindest kurzfristig.

11. März 2011 Im japanischen Kernkraftwerk Fukushima I finden katastrophale Störfälle als Folge eines Erdbebens und Tsunamis statt. Die Anlage wird darauf komplett stillgelegt. Die Entsorgungsarbeiten werden wohl noch 30 bis 40 Jahre dauern.

6. November 2012 US-Präsident Obama wird für vier weitere Jahre gewählt. Die Demokraten verteidigen zudem ihre Mehrheit im US-Senat, die Republikaner gewinnen das Repräsentantenhaus.

6. Mai 2013Am Oberlandesgericht München beginnt der NSU-Prozess. Zum Auftakt warten Zuschauer*innen und Journalist*innen in langen Schlangen. Beate Zschäpe und ihren Helfern legen die Ermittler*innen zehn Morde, zwei Sprengstoffanschläge und mindestens 15 Banküberfälle zur Last.

2013 – 2014: Der neue Kalte Krieg

9. Juni 2013 Whistleblower Edward Snowden gibt in Hongkong seine Identität preis, nachdem der ehemalige CIA- und NSA-Mitarbeiter als streng geheim eingestufte Dokumente der NSA öffentlich machte. Wegen der drohenden Gefängnisstrafe in seiner Heimat beantragt er Asyl in verschiedenen Ländern und hält sich derzeit in Russland auf. Snowden wird mehrfach von nichtstaatlichen Organisationen ausgezeichnet und für den Friedensnobelpreis nominiert.

Februar 2014 Russland bereitet die Annexion der Halbinsel Krim in einem zeitweise bewaffneten Konflikt mit der Ukraine vor. Ein nach ukrainischem Recht nicht legales Referendum über den Status der Krim führt zur Ratifizierung der vorher unterzeichneten Beitrittsverträge der Halbinsel zur Russischen Föderation am 21. März.

8. März 2014 Der Malaysia-Airlines-Flug 370 verschwindet um 01:21 Uhr Ortszeit aus der Überwachung des Subang Airports. Die Maschine wechselte den Kurs, die Kommunikation ist unter­brochen. Anschließend muss die Maschine, so die Schlussfolgerung, wegen Treibstoffmangels über dem Indischen Ozean abgestürzt sein. Sie gilt nach wie vor als vermisst.

4. April 2014 Die deutsche Fotojournalistin Anja Niedringhaus wird von einem afghanischen Polizisten mit den Worten „Allahu Akbar“ auf dem Rücksitz eines Wagens erschossen. Sie begleitet einen Tag vor den afghanischen Präsidentschaftswahlen einen Konvoi von Helfer*innen und Sicherheitskräften, die Stimmzettel ausliefern.

13. Juli 2014 „Als immer mehr Deutschland zu den Favoriten zählten, erfasste ein gewisser Optimismus eine notorisch skeptische Nation. Und das explodierte heute Nacht in etwas, was man sehr selten sieht seit dem Zweiten Weltkrieg: eine Welle deutschen Stolzes.“ Schlagzeile der Washington Postvom 14. Juli 2014 zum Finale der Fußball-Weltmeisterschaft.

2015: „Wir schaffen das!“

7. Januar 2015 #JeSuisCharlie. Der Anschlag auf die Satirezeitschrift Charlie Hebdo ist ein islamistisch motivierter Terroranschlag. Zwei maskierte Täter, die sich später zu al-Qaida bekennen, dringen in die Redaktion in Paris ein, töten elf Personen, verletzen mehrere Anwesende und bringen einen Polizisten um. Am Tag darauf wird ein Supermarkt für koschere Waren überfallen, weitere Menschen werden getötet. Der Täter selbst bringt die beiden Attentate in Verbindung und bekennt sich zum Islamischen Staat (IS).

24. März 2015 Der Germanwings-Flug 9525 von Barcelona nach Düsseldorf stürzt in den Alpen ab, alle 150 Insassen kommen ums Leben. Später stellt die Untersuchungskommission fest, dass der Pilot Suizid begangen und den Absturz bewusst herbeigeführt hat. Das Verhalten der Presse wird im Nachhinein scharf kritisiert. Ihr wird „Sensationsheischerei“ (taz) vorgeworfen.

19. April 2015 Ein überladenes Flüchtlingsboot kentert auf dem Weg von Libyen nach Italien, nur wenige können gerettet werden, Hunderte ertrinken. Die europäische Öffentlichkeit wird aufmerksam auf eine Reihe katastrophaler Unglücke im Mittelmeer.

22. Mai 2015 In Irland wird per Volksentscheid eine Verfassungsänderung zur Öffnung der Ehe für homosexuelle Paare beschlossen. Das Gesetz wird exakt fünf Monate später verabschiedet.

31. August 2015 „Wir schaffen das!“ Angela Merkel auf der Bundespressekonferenz zur „Flüchtlingskrise“.

18. September 2015 Der VW-­Abgas­skandal nimmt seinen Lauf. Der Autokonzern hat bei seinen Dieselmodellen eine illegale Software verwendet, um Abgasnormen zu umgehen. Martin Winterkorn tritt als Vorstand zurück. Später wird bekannt, dass er eine Rente in Höhe von über 3000 Euro täglich erhält.

13. November 2015 Bei Anschlägen in Paris werden 130 Menschen getötet, 352 verletzt. Ziel waren Zuschauer eines Fußballspiels, eines Konzerts und zahlreiche Besucher diverser Restaurants und Bars. Zu der Angriffsreihe bekannte sich die terroristische Vereinigung „Islamischer Staat“.

2016 – 2017:Der neue Europa-Spirit?

1. Januar 2016 An Silvester kommt es in Köln zu schweren Übergriffen: Die sexualisierte Gewalt, die rund um den Hauptbahnhof in zahlreichen Fällen erfolgt, schockiert ganz Deutschland.

22. März 2016 Am Morgen sprengen sich zwei Terroristen am Flughafen Brüssel, ein weiterer in der Brüsseler Innenstadt im U-Bahnhof Maalbeek in die Luft. 35 Menschen kommen ums Leben, mehr als 300 werden verletzt. Dies ist nicht der letzte Terroranschlag 2016: Am 14. Juli in Nizza und am 19. Dezember in Berlin werden jeweils mehrere Menschen durch Amokfahrer getötet, die mit Lastkraftwagen in Menschenmengen fahren.

3. April 2016 Eine anonyme Quelle kontaktiert die Süddeutsche Zeitung und übermittelt interne Dokumente einer panamaischen Kanzlei. Eine Firma, die weltweit anonyme Briefkastenfirmen verkauft. Rund 2,6 Terabyte an Daten werden übermittelt. Sie belegen, wie eine globale Industrie die Besitztümer von Politikern, Banken und Stars in aller Verschwiegenheit verwaltet.

12. Juni 2016 In einem queeren Club in Florida ermordete ein Amokläufer 50 Personen. Der 29-Jährige Omar Mateen bekannte sich kurz vor der Tat zur Terrormiliz IS.

23. Juni 2016 Brexit: 51,89 Prozent der Wähler*innen stimmen für den Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union.

15. Juli 2016 Teile des türkischen Militärs versuchen die türkische Regierung zu stürzen. 247 Menschen werden hierbei getötet, mehr als 2.100 Menschen verletzt.

8. November 2016 Donald John Trump gewinnt die Wahl zum 45. Präsidenten der USA mit 304 Wahlmännerstimmen gegen Hillary Clinton.

17. Februar 2017 #FreeDeniz. Er ist einer von mehr als 150 Journalist*innen, die in der Türkei derzeit in Haft sitzen: Deniz Yücel.

16. April 2017 #Hayir. Beim Verfassungsreferendum in der Türkei wird mehrheitlich für Erdoğans Gesetz gestimmt.