Trump gefährdet Spionage-Kooperation

USA Laut Medienberichten hat Amerikas Präsident hochsensible Geheimdiensterkenntnisse eines verbündeten Staats an Russland weitergegeben. Im Kampf gegen den Terror sind beide Staaten uneins

„Sergei, ich muss dir was Unglaubliches erzählen!“ – Donald Trump empfängt Lawrow im Weißen Haus Foto: Russian Foreign Ministry/ap

von Stefan Schaaf

BERLIN taz | US-Präsident Donald Trump hat gestern via Twitter sein „absolutes Recht“ verteidigt, Informationen „über Terrorismus und die Sicherheit des Flugverkehrs“ mit Russland zu teilen. Zur Rechtfertigung twitterte er: „Humanitäre Gründe, plus ich will, dass Russland seinen Kampf gegen IS und Terrorismus verstärkt.“ Zuvor hatten die Washington Post und andere US-Medien berichtet, Trump habe bei einem Treffen mit Russlands Außenminister Sergei Lawrow und Botschafter Sergei Kisljak fahrlässig Geheimdienstinformationen aus einem Drittland preisgegeben. Dadurch seien wichtige Informanten eines Verbündeten im Kampf gegen den „Islamischen Staat“ (IS) in große Gefahr gebracht worden.

Wie sensibel Passagen des Gesprächs zwischen Trump und den Russen waren, fiel Mitarbeitern Trumps schon Stunden später auf, als sie das Protokoll lesen konnten. Sie untersagten dessen weitere Verteilung im Regierungsapparat. Thomas Bossert, Trumps Assistent für Terrorabwehr, unterrichtete die Direktoren von CIA und NSA per Telefon über die unbedachten Äußerungen des Präsidenten.

Trump hatte mit Lawrow über Gefahren für den internationalen Flugverkehr gesprochen – und bei von Attentatsplänen mittels Laptop-Computern berichtet. Sie waren der Grund, warum die USA mehreren Fluglinien aus dem Nahen Osten verboten hatten, Laptops mit in die Kabine zu nehmen. Trump sei dann von der vorbereiteten Gesprächsvorlage abgewichen und habe damit geprahlt, welch „großartige Geheimdienst­infos“ er jeden Tag erhalte. Er habe Erkenntnisse eines verbündeten Landes preisgegeben, unter anderem sehr detailliert über Attentatsplanungen des IS und den Ort in Syrien, aus dem die ausspionierten Details stammen. Dort herrscht weiter der IS.

Laut den Medienberichten hatte dieser Verbündete – ein nicht näher benannter Staat im Nahen Osten – aber zuvor mit den USA abgesprochen, seine Erkenntnisse auf keinen Fall mit Dritten zu teilen. Was Trump getan habe, sei „ein schwerer Bruch der Spionage- Etikette“, so die New York Times.

„Ein schwerer Bruch der Spionage-Etikette“

„The New York Times“

Die Interessen der USA und Russlands beim Kampf gegen den IS sind durchaus ähnlich. Es gab auch Versuche, Luftangriffe gegen dessen Stellungen zu koordinieren – doch diese scheiterten daran, dass Washington und Moskau sich nicht einigen konnten, welche Gruppen neben dem IS und al-Qaida unter dem Etikett „Terroristen“ zum Bombenziel zu erklären seien.

In ihrer Haltung zum syrischen Regime hingegen stehen sich die USA und Russland konträr gegenüber – und an diesem Punkt werden Trumps Äußerungen zum politischen Problem. Falls er Russland sensible Informationen mitgeteilt hat, die Moskau erlauben, in Syrien Geheimdienstler eines US-Verbündeten auszuheben, ist das Vertrauen der befreundeten Spionagedienste zerstört. Sie werden sich dreimal überlegen, ob sie weiter Erkenntnisse an die USA weitergeben.

In Washington waren selbst Parteifreunde Trumps verstört: Bob Corker, republikanischer Senator und Vorsitzender des ­außenpolitischen Ausschusses, sprach von „Chaos, das durch Disziplinlosigkeit entstanden ist“. Trumps Leute seien in „einer Abwärtsspirale“ und müssten rasch herausfinden, wie sie die Ereignisse in den Griff bekämen. Dem Präsidenten fehle Gespür, welche Dinge als Geheimsache zu behandeln seien, so ein ehemaliger Regierungsmitarbeiter.