Das Mittelmeer bleibt Massengrabfür Flüchtlinge

Mittelmeer 34 Menschen ertrinken, als ihr Boot kentert. Zahl der Toten 2017 schon bei über 1.500

Immer öfter inter­veniert die libysche Küstenwache und schießt auf die Boote

Aus Rom Michael Braun

Mindestens 34 Menschen sind am Mittwoch vor der libyschen Küste bei der Überfahrt nach Italien ums Leben gekommen. Das Unglück trug sich vor der westlibyschen Hafenstadt Suwara zu, als schon zwei Rettungsschiffe vor Ort waren. Auf einem Holzkahn, dem sie zu Hilfe geeilt waren, befanden sich etwa 500 Personen, wie die italienische Küstenwache mitteilte. Weiter erklärte die Küstenwache, dass wahrscheinlich viele Personen auf eine Seite des Kahns gedrängt seien und ihn so in Schieflage gebracht hätten, worauf etwa 200 Menschen ins Wasser gestürzt seien. Der Großteil von ihnen habe durch ein Schiff der Küstenwache sowie durch das Schiff „Phoenix“ der NGO Moas gerettet werden können. 34 Personen jedoch konnten nur noch tot geborgen werden, laut Auskunft des Moas-Gründers Chris Catrambone waren zehn Kinder unter ihnen.

Insgesamt erfolgten am Mittwoch vor der libyschen Küste nach Informationen der italienischen Küstenwache zehn Rettungsoperationen, an denen zahlreiche Schiffe der Küstenwache, der EU-Mission Eunavformed, der im Mittelmeer aktiven NGOs ebenso wie drei Frachter beteiligt waren; 1.800 Menschen, die auf vier Holz- und sechs Schlauchbooten in See gestochen waren, konnten in Sicherheit gebracht werden.

Die International Organization for Migration (IOM) meldete ebenfalls am Mittwoch, sie habe von in Italien eingetroffenen Überlebenden von einem weiteren Unglück am letzten Freitag erfahren, bei dem 156 Menschen ums Leben gekommen seien. „Damit sind wir dieses Jahr schon bei 1.500 Toten im Mittelmeer, von denen 1.400 allein auf der zentralen Mittelmeerroute zu beklagen sind“, erklärte IOM-Sprecher Flavio Di Giacomo. Italiens Innenministerium gab seinerseits bekannt, seit Jahresbeginn seien 50.000 Flüchtlinge in Italien eingetroffen, gegenüber 34.000 im gleichen Zeitraum im Vorjahr.

Zunehmend intervenieren mittlerweile jedoch Einheiten der libyschen Küstenwache. So informierte Ärzte ohne Grenzen über einen Vorfall vom Dienstag:Während einer Rettungsaktion habe sich ein Boot der Küstenwache genähert, zwei Beamte seien an Bord eines der Flüchtlingsschlauchboote gegangen und hätten den Passagieren Handys und Geld abgenommen. Außerdem hätten sie Schüsse in die Luft abgefeuert, woraufhin sich zahlreiche Flüchtlinge ins Wasser gestürzt hätten. Sie alle konnten gerettet werden. Auch die NGO Jugend rettet berichtete von einem Vorfall, bei dem von einem libyschen Schiff aus Schüsse auf Flüchtlingsboote abgefeuert worden seien. Anschließend seien zwei der Boote zur Umkehr nach Libyen gezwungen worden.