„Gegen Wessis habt ihr keine Chance“

Pokal 3 Beim Finale der männlichen A-Jugend hat der FC Carl Zeiss Jena das Spiel beherrscht, doch es gewann Eintracht Braunschweig 3:0. Die Niedersachsen hatten nämlich ihre Ultras dabei. Doch den Thüringern bleibt der FDGB-Pokalsieg 1980

Und man sieht nur die im Lichte: Braunschweigs U19 mit Pokal Foto: dpa

BERLIN taz | Schon ziemlich blöd, so ein Finale zu verlieren. Und dann muss man auch noch den fairen Loser spielen und solche Sätze sagen: „Wir sind ein stolzer Verlierer und das Spiel wird schnell verdaut sein.“ Oder: „Wir hadern nicht, es lag ja nur an Kleinigkeiten.“

Georg-Martin Leopold, der Trainer von Carl Zeiss Jena, tat nach dem 0:3 seiner U19 gegen Eintracht Braunschweig im kleinen DFB-Pokalfinale das, was in der Branche üblich ist: Er redete sich die Niederlage schön. Aber in ihm arbeitete es. Nach der offiziellen Pressekonferenz im drückend warmen Pressezelt, das der Deutsche Fußball-Bund am Rande des Stadions am Wurfplatz, was sich wiederum am Rande des Olympiastadions befindet, aufgestellt hatte, offenbarte der 39-Jährige seine Gemütslage. „Ehrlich gesagt, kotzt mich das ziemlich an.“

Finale verloren, trotz einer wirklich guten ersten Halbzeit, Elfmeter in der dritten Minute verschossen, den Faden in der zweiten Hälfte verloren, und in der A-Jugend-Bundesliga, Staffel Nord/Nordost ist die Mannschaft aus Thüringen auch abgestiegen. Blöd.

Das junge Team steht nun wieder einmal vor einem Umbruch, mindestens zehn Spieler werden weggehen, suchen ihre Chance bei einem höherklassigen Verein oder als Profi. „Nächstes Jahr gibt es wieder Alltagskost, das wird nicht so schön“, sagte Leopold und wollte dann vom Reporter wissen, ob das nicht eine Rote Karte gewesen war. Rote Karte, hä? Es ging um die Elfmeterszene in der 3. Minute. Der Braunschweiger Lirim Mema hatte den Jenaer Atnan Veseli niedergerungen und Gelb gesehen. War wohl keine Rote, aber man wird ja noch mal fragen dürfen. Es hätte der größte Erfolg der Zeiss-Kicker seit vielen, vielen Jahren sein können; der letzte Pokalsieg, noch unter der Schirmherrschaft des Freien Deutschen Gewerkschaftsbundes (FDGB), liegt 37 Jahre zurück.

Bei der Eintracht war das aber nicht anders. Die Niedersachsen haben das letzte Mal vor 50 Jahren so richtig was gewonnen: die deutsche Meisterschaft. Entsprechend jubelten sie am Samstag, und Coach Sascha Eickel sagte mit heiserer Stimme: „Die Jungs müssen das hier völlig auskosten, mal richtig einen draufmachen.“ Nervös waren die Jungs anfangs, richtig zittrig. Ungewohnt war die verhältnismäßig große Kulisse (2.150 Zuschauer), die Fernsehübertragung live auf Sport1, und dann saßen da noch die Späher auf der Tribüne, die abschätzten, ob man ein Mann der Zukunft ist. Die Spielerberater dürften sich die Namen der Braunschweiger Ayodele Max Adetula und Ahmet Canbaz notiert haben. Deren individuelles Können entschied letztlich die Partie.

Ungewohnt waren Zuschauer und TV-Live-Übertragung

Braunschweig kam auch etwas besser mit der Hitze zurecht. Zwar kämpften sie auch schon ab der 60. Minute mit Wadenkrämpfen und waren sicher froh, als sie Schiedsrichter Sören Storks in der 66. Minute zu einer Trinkpause einlud, aber ihr Konterspiel war auch danach noch gut. Sie hatten zudem das Glück, von einer Horde Ultras angetrieben zu werden. Die Braunschweiger Fans, alle barbrüstig, machten immer dann, wenn das Spiel „verflachte“, was nicht selten geschah, richtig Rabatz. Sie heizten dem DFB ein („Fußballmafia“, „Hurensöhne“), den Jenaern („Thüringer Würstchen“, „Gegen Wessis habt ihr keine Chance“) – und den paar gegnerischen Fans, die leider mucksmäuschenstill waren („Ihr seid leiser als Fortuna Köln“).

Die Ultras von Carl Zeiss Jena hatten es vorgezogen, schon mal nach Köln zu fahren. Da stieg gestern – nach Redaktionsschluss – das erste Relegationsspiel der Männermannschaft gegen Viktoria Köln. Es geht um den Aufstieg in die Dritte Liga. Das war offenbar wichtiger als dieses Bubi-Finale, schade eigentlich. MARKUS VÖLKER